Montag, 5. Juli 2010
Mal wieder Sicherheit(sblödsinn)
Themen: Die innere Sicherheit
Genauer: zwei Links, die mir heute begegnet sind.

Erstens: Patrick Smith berichtete am letzten Dienstag in seiner Kolumne von einem Dokumentarfilm über das Sicherheitstheater an amerikanischen Flughäfen und dessen Sinnlosigkeit. (Also die Sinnlosigkeit des Sicherheitstheaters, nicht des Films. Oder was dachtet ihr denn jetzt?)

Ich habe zwar den Eindruck, daß das Sicherheitstheater an europäischen Flughäfen nicht so extrem ist wie an amerikanischen, aber immerhin sehe ich auch hierzulande (hier-zu-kontinente?) so einiges, was mich dazu bewegt, das Ganze „Sicherheitstheater“ und nicht etwa „Sicherheitsmaßnahmen“ oder so zu nennen. Ich sage nur: 100-ml-Fläschchen und Nutella gilt als Flüssigkeit, aber nur, solange sie im Glas ist und nicht auf dem Brot. ;-)

(Kleine Anekdote am Rande: In Luxemburg haben sie vor einigen Jahren mal bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen meine kleine Goldschmiedezange beschlagnahmt, weil Zangen ja bekanntlich gefährliche Mordwerkzeuge sind. Meinen Schlüsselbund durfte ich behalten, obwohl der wesentlich eher zum Mordwerkzeug taugte. Erstens haben Schlüssel ja durchaus scharfe Kanten und sind teilweise gezackt wie kleine Messer, und zweitens war das, bevor mir mein Schlüsselbund endgültig zu schwer wurde und ich ihn in mehrere kleine aufteilte (und ausmistete – da hingen auch etliche Schlüssel zu Türen dran, die ich garantiert nie wieder öffnen werde, das Extrembeispiel war einer für eine Tür in einem Gebäude, das inzwischen abgerissen worden war) – will sagen: sie hätten das Ding statt als „Schlüsselbund“ durchaus auch als „stumpfen Gegenstand zum Schädeleinschlagen“ klassifizieren können. Nun gut. War ja Luxemburg, sind ja nicht meine Steuern. Und natürlich war ich froh, daß ich am Abend daheim dann mit meinem eigenen Schlüssel aufschließen konnte, statt den Hausmeister rufen zu müssen.)

Aber zurück zu dem Film (von dem ich hoffe, daß er bald auch in Europa oder zumindest im Internet zu sehen sein wird): Der Gipfel der in dem Film besprochenen Fälle war einer, wo in einen zu durchleuchtenden Koffer zu Testzwecken eine Bombenattrappe und eine Wasserflasche plaziert worden waren. Was haben die Sicherheitsheinis gefunden und beanstandet? Das Wasser. Was haben sie übersehen? Die Bombe. <kopfschüttel> Wie gut, daß es keine echte war...

Zweitens: Die Blogosphäre (zumindest die deutschsprachige) regt sich ja schon seit einer ganzen Weile darüber auf, daß die Bundesregierung in der Extremismusbekämpfung Mittel von der Bekämpfung des Rechtsradikalismus abziehen und stattdessen in die Bekämpfung des Linksradikalismus pumpen will.

Nein, ich rege mich jetzt nicht nochmal darüber auf. Das habe ich offline schon getan. >;-)

Aber Petra Pau hat echt Humor. Sie will nämlich gerne an dem geplanten Aussteigerprogramm für Linksextremisten teilnehmen. Die Linkspartei wird ja in einigen Bundesländern immer noch vom Verfassungsschutz beobachtet, und eine Top-Funktionärin wie Petra Pau – immerhin Bundestags-Vizepräsidentin – ist natürlich ganz bestimmt extrem gefährlich und wäre daher sicher ein willkommenes Opfer, äh, ich meine natürlich: eine gern gesehene Klientin in einem jeden solchen Aussteigerprogramm.

(Ja, ich bin gerade ein bißchen sarkastisch gelaunt. Ich glaube, das hat etwas damit zu tun, daß jetzt so langsam die Nachmittagshitze einsetzt – meine Wohnung geht nach Westen...)

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Integration und Integration
Themen: Finnland, Sprachen
Ich habe gerade herausgefunden, daß es im Finnischen zwei verschiedene Wörter für die Integration von Ausländern gibt:
  1. kotoutuminen, das „Es-sich-zu-Hause-Machen“ – das ist die Art, wie ich als in Finnland wohnhafte Ausländerin auf Finnland zugehe und mich dort eingewöhne.
  2. kotouttaminen, das „Jemanden-heimisch-Machen“ – das ist die Art, wie Finnland auf mich zugeht, also das, was der finnische Staat (und andere Institutionen, z. B. Vereine) tut, damit ich mich hier eingewöhnen kann.
In-teres-sant.

(Interessant ist auch, daß das, was das Arbeitsamt für arbeitssuchende Ausländer macht – so bin ich überhaupt darauf gekommen –, offiziell als „kotoutumispalvelut“, also „Eingewöhnungsdienste“ im ersteren Sinne, bezeichnet wird. Das werden wohl diese mysteriösen „Leistungen für Ausländer“ sein, von denen die Beamten im Arbeitsamt immer behaupten, daß ich sie ganz bestimmt nicht brauche, weil ich ja schon soooo lange hier wohne (und es geschafft habe, in all den Jahren kein einziges Mal zu verhungern, oder wie?) und soooo gut Finnisch spreche und sie davon ja alle soooo beeindruckt sind, undsoweiter undsofort. Im Amt ist man also anscheinend der Meinung, ich sei hinreichend kotoutunut, also eingewöhnt bzw. integriert.)

Für die sprachwissenschaftlich Interessierten: Beide Ausdrücke kommen letztendlich von koti „Heim, Heimat“. Kotoutuminen ist eine reflexive Form (zu erkennen am Suffix utu); da geht es also darum, daß jemand sich selbst eine Heimat macht. Kotouttaminen hingegen ist die dazugehörige Kausativform (zu erkennen an dem Kausativ-Doppel-T nach dem Reflexiv-U); da geht es also darum, jemandem eine Heimat zu machen, oder, wenn man Haare spalten will: jemanden dazu zu bringen, sich eine Heimat zu machen.

(Hach, ich liebe die Sachen, die man im Finnischen mit Verben anstellen kann... Habe ich vermutlich schon oft genug erwähnt, aber es ist nun mal so, daß ich ursprünglich im Finnischkurs gelandet bin, weil da zufällig noch ein Platz frei war (und der andere Sprachkurs, in den ich eigentlich wollte, nicht zustandegekommen war), und dann dabeigeblieben bin, weil mich die Morphologie so fasziniert. Vor allem die Ableitungsmorphologie. Siehe auch die Beispiele hier.)

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