Montag, 5. Juli 2010
Integration und Integration
Themen: Finnland, Sprachen
Ich habe gerade herausgefunden, daß es im Finnischen zwei verschiedene Wörter für die Integration von Ausländern gibt:
  1. kotoutuminen, das „Es-sich-zu-Hause-Machen“ – das ist die Art, wie ich als in Finnland wohnhafte Ausländerin auf Finnland zugehe und mich dort eingewöhne.
  2. kotouttaminen, das „Jemanden-heimisch-Machen“ – das ist die Art, wie Finnland auf mich zugeht, also das, was der finnische Staat (und andere Institutionen, z. B. Vereine) tut, damit ich mich hier eingewöhnen kann.
In-teres-sant.

(Interessant ist auch, daß das, was das Arbeitsamt für arbeitssuchende Ausländer macht – so bin ich überhaupt darauf gekommen –, offiziell als „kotoutumispalvelut“, also „Eingewöhnungsdienste“ im ersteren Sinne, bezeichnet wird. Das werden wohl diese mysteriösen „Leistungen für Ausländer“ sein, von denen die Beamten im Arbeitsamt immer behaupten, daß ich sie ganz bestimmt nicht brauche, weil ich ja schon soooo lange hier wohne (und es geschafft habe, in all den Jahren kein einziges Mal zu verhungern, oder wie?) und soooo gut Finnisch spreche und sie davon ja alle soooo beeindruckt sind, undsoweiter undsofort. Im Amt ist man also anscheinend der Meinung, ich sei hinreichend kotoutunut, also eingewöhnt bzw. integriert.)

Für die sprachwissenschaftlich Interessierten: Beide Ausdrücke kommen letztendlich von koti „Heim, Heimat“. Kotoutuminen ist eine reflexive Form (zu erkennen am Suffix utu); da geht es also darum, daß jemand sich selbst eine Heimat macht. Kotouttaminen hingegen ist die dazugehörige Kausativform (zu erkennen an dem Kausativ-Doppel-T nach dem Reflexiv-U); da geht es also darum, jemandem eine Heimat zu machen, oder, wenn man Haare spalten will: jemanden dazu zu bringen, sich eine Heimat zu machen.

(Hach, ich liebe die Sachen, die man im Finnischen mit Verben anstellen kann... Habe ich vermutlich schon oft genug erwähnt, aber es ist nun mal so, daß ich ursprünglich im Finnischkurs gelandet bin, weil da zufällig noch ein Platz frei war (und der andere Sprachkurs, in den ich eigentlich wollte, nicht zustandegekommen war), und dann dabeigeblieben bin, weil mich die Morphologie so fasziniert. Vor allem die Ableitungsmorphologie. Siehe auch die Beispiele hier.)