Samstag, 19. Februar 2011
Drei Stunden DDR
Themen: Politik, Deutschland
Daß ich es in meiner derzeitigen Verfassung (!#%$@ Depression) schaffe, mehrere Stunden bei derselben Sache zu bleiben, kommt so gut wie nie vor. Beispielsweise habe ich seit Monaten keinen Spielfilm gesehen; aber dafür eine ganze Menge Folgen diverser Fernsehserien. Eben so, daß ich jederzeit (naja, zumindest – je nach Serie – alle 20 bis 40 Minuten) abbrechen kann.

Aber gerade eben habe ich tatsächlich drei Stunden lang am Radio Rechner gesessen und gebannt einer langen Sendung einem langen Podcast zugehört.

Vorgeschichte: Ich bin gerade (mal wieder) am Festplatte-Ausmisten. Mit der Zeit sammelt sich da ja alles Mögliche an, was man „irgendwann mal, wenn ich Zeit habe“ anhören/angucken/durchlesen/... will. Und irgendwann ist dann nur noch ein kleines Eckchen Speicherplatz frei und man kriegt einen Schreck und fängt an zu sichten und (manchmal) zu räumen.

Dabei bin ich auf eine ältere (August 2010) Folge von Chaosradio Express gestoßen. Dieser Podcast ist ja sowieso meist sehr interessant... Für alle, die CRE nicht kennen: Tim Pritlove, der Moderator, reist mit einem großen Koffer voller Audio-Equipment durch die Gegend (OK, meist durch Berlin, aber ab und zu auch an andere Orte) und interviewt interessante Leute zu interessanten Themen. Oft geht es dabei um irgendwas Technisches oder Naturwissenschaftliches, aber auch oft um etwas völlig anderes; beispielsweise war das Thema von Folge 119 Kaffee; Folge 162 drehte sich um Brettspiele; in Folge 133 ging es um Piraten (nicht die Partei, sondern die auf dem Meer)...

Die Folge, die ich mir gerade angehört habe, ist Folge 160 mit dem Thema DDR. Normalerweise dauert eine Folge meist zwischen einer und zwei Stunden. Aber diesmal diskutierte der Moderator geschlagene drei Stunden lang mit seinen Gästen Frank Rieger (der den Nerds unter meinen Lesern natürlich als Comoderator der alljährlichen Fnord-News-Show bekannt ist) und Martin Schramm über die DDR bzw. vor allem über die persönlichen Erinnerungen der beiden Gäste (beide stammen aus dem Osten) an dieses Land.

Zuallererst einmal ist diese Folge ein sehr schönes Beispiel von Oral History, einem Konzept, zu dem ich seinerzeit an der Uni auch mal ein paar Scheine gemacht habe.

Außerdem kenne ich die DDR ja aus eigener Erfahrung. (Das war wieder so ein „Oh Mann, bin ich alt!“-Moment. Die Leute, die an dem Tag auf die Welt kamen, als die DDR aufhörte zu existieren, feierten im letzten Herbst ihren 20. Geburtstag, sind also schon mit der Schule fertig und teilweise verheiratet und haben womöglich auch selber schon das eine oder andere Kind.)

Ich habe die DDR seinerzeit einige Male als Touristin besucht. Eine Jugendfreundin meiner Mutter wohnte bis in die 90er Jahre hinein mit ihrer Familie in Leipzig (inzwischen sind sie nach Rostock umgezogen), und die haben wir einige Male besucht. Außerdem sind meine Eltern, die ja Buchhändler waren, fast jedes Jahr zur Buchmesse nach Leipzig gefahren.

(Irgendwann muß ich doch mal einen Antrag auf Sichtung meiner Stasiakte stellen. Als Kind aus dem Westen, das einige Male in den Osten reiste und – noch viel verdächtiger! – freiwillig Russisch lernte, fanden die mich sicher ganz interessant. Daß die DDR sich kurz vor meinem Schulabschluß selber auflöste, konnten sie damals ja noch nicht ahnen.)

Da kamen mir beim Anhören des Podcasts natürlich auch viele Erinnerungen hoch! Dank der Freunde im Osten wuchs ich ja mit einer bunten Mischung aus West- und Ostspielzeug auf; sobald ich lesen konnte, war die Mischung der Bücher, die ich las, natürlich genauso bunt ost-westlich.

Ich bin mit Bummi-Heften großgeworden und fand es gar nicht bemerkenswert, daß die Kinder (die natürlich alle in so einem Verein namens „Junge Pioniere“ waren, den es bei uns in Saarbrücken aus Gründen, die mich damals nicht weiter interessierten, nicht gab) ab und zu bei irgendwelchen Veranstaltungen rote Fähnchen schwenkten. Schließlich war ich in den Ferien auch schon oft in der Schweiz gewesen und hatte dort am Nationalfeiertag selber schon fähnchenschwingend zwischen fähnchenschwingenden Schweizern gestanden. Meine Mutter fragte mich irgendwann mal, als ich schon längst erwachsen war, was ich denn von den roten Fähnchen in den Geschichten gehalten hatte (die hatte sie anscheinend als „besonders DDR-typisch“ in Erinnerung); das war das erste Mal, daß ich mir überhaupt darüber Gedanken machte. Für mich waren Fähnchen ein folkloristisches Element, das irgendwie zum deutschsprachigen Ausland gehörte. Wie gesagt: DDR, Schweiz, aber nicht (West-) Deutschland.

(An dieser Stelle sollte ich vielleicht erwähnen, daß ich in meinem ganzen Leben noch nie im Fußballstadion war. Da hätte ich ja fahnenschwingende Westler sehen und vielleicht sogar selber eine Fahne schwenken können, allerdings wohl nicht die meines Landes oder Kantons, sondern die meines Vereins. Aber mangels Fußballfans in meiner Familie mußte ich mich halt darauf beschränken, fast jedes Jahr am 1. August ein Bernerfähnchen zu schwenken.)

Aber zurück zur DDR.

Ich hätte mir während des Podcasts wirklich Notizen machen sollen! Mir sind so viele Sachen wieder ein- oder auch aufgefallen...

Beispielsweise das bargeldlose Wirtschaftssystem, das sich (natürlich inoffiziell) entwickelte, weil es mit der Ost-Mark nicht besonders viel Sinnvolles zu kaufen gab und/oder man auf die Sachen, die man gerne kaufen wollte, lange warten mußte. (Wie war noch dieser Witz? „Schatz, ich bin schwanger!“ – „Oha, da müssen wir gleich mal den Trabi für den Junior bestellen, der wird mit etwas Glück passend zum 18. Geburtstag geliefert!“) So fingen die Leute an, sich gegenseitig mit ihren besonderen Fachkenntnissen usw. zu helfen und die von Nachbarn und Freunden erhaltenen Leistungen ihrerseits mit Fachkenntnissen zu bezahlen. Da hat dann beispielsweise einer in der ganzen Nachbarschaft oder im ganzen Bekanntenkreis Wände verputzt, ein anderer hat alle Radios repariert usw. usf.; und wenn einem das Dach neu gedeckt werden mußte, halfen die anderen alle mit in der Gewißheit, daß die anderen wiederum ihnen beim Dachdecken (oder was halt so anstand) helfen würden.

(So ein ähnliches System gibt es auch heute noch in Finnland. Das Ganze nennt sich „talkoot“ und bedeutet, daß zweimal im Jahr die ganze Nachbarschaft an einem Wochenende zusammenkommt und gemeinsam sozusagen klar Schiff macht. In der Praxis sieht das normalerweise so aus, daß alle eifrig in eigenen und fremden Gärten Laub zusammenrechen, und wenn jemand etwas Besonderes hat oder kann, dürfen alle daran teilhaben. Wenn beispielsweise einer eine Motorsäge hat, stutzt der bei allen, die das gerade brauchen, Hecken und Bäume. Und hinterher wird gemeinsam gegrillt.)

Ach ja, und die 25 Mark Zwangsumtausch pro Tag... Ich gehörte allerdings nie zu den (anscheinend) Horden von Touristen, die verzweifelt durch die Stadt liefen und nichts fanden, wofür sie das Geld hätten ausgeben können. Ich gehörte zu der Minderheit, die aus dem DDR-Urlaub immer mit einem halben Koffer voller Bücher wiederkam. Dank der Planwirtschaft konnte es sich beispielsweise der VEB Enzyklopädie ja erlauben, eine ganze Menge Bücher über exotische Sprachen zu verlegen, ohne sich darüber Gedanken machen zu müssen, wer um alles in der Welt denn sowas kauft. (Ich! Ich kaufe sowas!) Über solche Sachen wie Mathematik oder Naturwissenschaften gab es in den DDR-Buchhandlungen auch eine Menge gute Bücher. Und später, als ich dann Russisch lernte, war ich begeistert über die große Auswahl an russischen Grammatiken, russischen Übungsbüchern, russischen Texten auf allen möglichen Lernniveaus... und überhaupt das Vorhandensein von über das Minimum hinausgehender russischer Literatur. Im Westen mußte man solche Sachen wie Gedichtbände von Anna Achmatowa mit der Lupe suchen. In Leipzig standen die Dinger in den Buchhandlungen einfach so im Regal. <staun>

An den von Frank und Markus beschriebenen „typischen Geruch der DDR“ kann ich mich auch noch sehr gut erinnern... Braunkohle, Braunkohle und nochmals Braunkohle. Ich kannte den Geruch schon ziemlich lange, bevor ich herausbekam, wonach es da roch; aber irgendwann fuhren uns unsere Freunde mal zu einem nahegelegenen Braunkohle-Tagebaugebiet, und da wurde es mir dann klar.

(Für die Umwelt ist so ein Tagebau und auch die damalige/dortige Beliebtheit von Kohle als Heizmaterial natürlich eine Katastrophe, aber ehrlich gesagt: Ich finde den Geruch an sich gar nicht so schlecht. Das mag natürlich unter anderem daran liegen, daß ich ihn mit Ferienreisen verbinde... Daheim in Saarbrücken haben wir ja mit langweiligem Stadtgas geheizt.)

Tja, und dann die Wende. Rein zufällig (ehrlich!) war ich im Oktober 1989 in Leipzig. Zu der Zeit waren halt zufällig gerade Herbstferien, und unsere Leipziger Freunde hatten mich eingeladen.

Mein Zug kam am Abend des 9. Oktober am Leipziger Hauptbahnhof an.

Das muß man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.

Ich war am 9. Oktober 1989 in Leipzig! In der Innenstadt!

Daran mußte ich mich schon vor ein paar Monaten mal erinnern. Damals plante meine beste Freundin (die in Österreich wohnt) eine Reise nach München. Ihre dortigen Bekannten hatten ihr empfohlen, lieber nicht mit dem Zug zu kommen, da wegen der damals gerade mal wieder aufkochenden Terror-Panik in Deutschland anscheinend an allen Bahnhöfen massig Bundespolizei mit Maschinenpistolen stand.

Als sie mir das am Telefon so nebenbei erwähnte („... und dann war ich gestern noch bei der Mitfahrzentrale, weil der A. nämlich meinte, mit den ganzen schwerbewaffneten Polizisten am Bahnhof wird die Reise sonst zu stressig...“), mußte ich erst einmal schlucken.

Das letzte Mal, daß ich an einem deutschen Bahnhof massig Polizisten mit Maschinenpistolen gesehen habe, war an eben jenem Abend des 9. Oktober 1989 und der Bahnhof war der Leipziger Hauptbahnhof. Gruselig, wenn dann jemand kommt und behauptet, in München sehe es gerade genauso aus.

Meine Erinnerungen an diesen Abend sind ziemlich, sagen wir mal: surrealistisch. Wie ein seltsamer Traum oder so.

Wir dummen Wessis hatten irgendwie nicht so ganz mitbekommen, daß die Montagsdemos in Leipzig typischerweise montags stattfanden. Also dachten sich meine Eltern nichts dabei (und ich auch nicht), als sie mich an jenem Montagmorgen zum Bahnhof brachten.

Ein Mitreisender im selben Abteil, ein pensionierter Lehrer aus Senftenberg, fragte mich, als ich im Gespräch erwähnte, daß ich nach Leipzig fuhr, ob ich denn demonstrieren wollte. Und dabei grinste er so verschmitzt. Ich antwortete etwas in der Art von „Nö, wieso?“

Ich hatte echt keine Ahnung, warum der mich denn sowas fragt. Ich war damals völlig unpolitisch. Was um alles in der Welt hätte ich denn auf einer Demo verloren gehabt?

Darüber kann ich jetzt nur noch den Kopf schütteln. ;-)

Irgendwann im Laufe des Nachmittags wurde meinen Eltern dann klar, wohin ich da unterwegs war.

(Wenn das hier ein Film wäre, kämen jetzt ein paar Bilder von prügelnden Polizisten und schwerverletzten Demonstranten und Wasserwerfern und so.)

Damals hatten wir noch keine Mobiltelefone. Meine Eltern konnten mich also nicht erreichen, solange ich noch unterwegs war, und machten sich furchtbare Sorgen. Es half auch nicht sehr, daß unsere Leipziger Freunde sie telefonisch zu beruhigen versuchten. Für sie klang das beschwichtigend gemeinte „Der W. ist zum Bahnhof gefahren, da ist ziemlich viel Polizei, aber der kriegt die Julia da schon raus“ nicht viel anders als „und in 20 Jahren könnt ihr sie dann in Sibirien abholen kommen“. :-}

Mein Zug kam also in Leipzig an und ich ahnte immer noch nichts. ;-)

Ich stieg also aus und wurde (keine große Überraschung) von W. am Bahnsteig erwartet. Dann fiel mir auf, daß da irgendwie ziemlich viele Uniformierte herumliefen. Teils mit Maschinengewehren, teils mit Schäferhunden. Ziemlich seltsam, dachte ich. Aber mir fiel immer noch nicht ein, daß es ja Montag war bzw. was das bedeutete.

So zogen wir also los. W. als Kavalier mit meinem Koffer vorneweg, ich mit dem inzwischen leergefutterten Proviantbeutel hinterher.

Der Haupteingang war völlig abgesperrt. W. hatte in einer Seitenstraße geparkt. Wir gingen (an vielen Polizisten, Schlagstöcken, Maschinengewehren, Schäferhunden usw. usf. vorbei) aus einem kleinen Nebenausgang, und ich erhaschte einen Blick auf den Bahnhofsplatz. Beziehungsweise nicht auf den Platz selber, sondern auf ganz, ganz viel Polizei und einige (Panzer? Wasserwerfer?) große gepanzerte Fahrzeuge in Tarnfarben, die da standen.

Ich glaube, auf der Heimfahrt habe ich dann gefragt, was denn heute so Besonderes los wäre. Ob es ein Unglück gegeben hätte oder so. Was man halt so fragt, wenn man von der Tagespolitik keine Ahnung hat.

(Mann, wie peinlich. Was meine Ossi-Freunde da wohl über uns geistig minderbemittelte Wessis gedacht haben mögen?)

Wir kamen gerade zu dem Zeitpunkt an, als im Fernsehen die Abendnachrichten liefen. Das lief damals wohl bei den allermeisten DDR-Familien so, daß man von viertel vor acht bis um acht die (Ost-) Aktuelle Kamera schaute und dann umschaltete und sich die praktischerweise um acht beginnende (West-) Tagesschau ansah. Und dann bildete man aus den erhaltenen Nachrichten den Durchschnitt und hatte dann so etwas Ähnliches wie die Wahrheit – also wenn meine Mathematik hier stimmt und sich die Ost-Propaganda und die West-Propaganda bei dieser Berechnung gegenseitig aufheben und nur das übrigbleibt, was tatsächlich passiert ist.

(Wer hat das mit den vier Wahrheiten gesagt? Womöglich Fefe? Naja, egal – jedenfalls gibt es einen Spruch, der in ungefähr lautet: Von allem gibt es immer vier Versionen: (1) meine Version, (2) deine Version, (3) die Wahrheit und (4) das, was wirklich passiert ist.)

So lernt man Medienkompetenz...

Meine Gastgeber fanden es sehr bemerkenswert, daß sich da ein riesiger Demonstrationszug durch die Leipziger Innenstadt wälzte und die Polizei keine Anstalten machte, da irgendwie einzugreifen.

Außerdem fanden sie es vermutlich genauso bemerkenswert, daß ich keine Ahnung hatte, worüber sie da so staunten (waren aber zu höflich, um das so direkt zu sagen). Ich war ja schließlich daran gewöhnt, daß ab und zu mal irgendwelche Demonstranten durch die Stadt zogen (was ich meist nur mitbekam, wenn dadurch beispielsweise mein Bus Verspätung hatte) und daneben ein paar (oder auch ein paar mehr) Polizisten standen und gelangweilt zuguckten.

Aber das war das erste Mal, daß bei so einer Leipziger Montagsdemonstration die Polizei nicht einschritt. Daß das etwas ganz Besonderes war, wurde mir erst viel später klar. (Später erfuhr ich auch, daß Bekannte von Bekannten, die an dem Abend in einem Leipziger Krankenhaus Nachtschicht hatten, vorgewarnt worden waren, sich auf zahlreiche Verletzte mit solchen Sachen wie Tränengasverletzungen einzustellen. Daß die Polizei nicht einschreiten würde, war also ganz und gar nicht vorauszusehen gewesen.)

Als dann am 17. Oktober – ich war immer noch in Leipzig – Honecker zurückgetreten wurde, konnte ich es auch kaum glauben. Schließlich war der Mann seit 1976, also seit meinen Kindergartentagen, der Staatsratsvorsitzende und Generalsekretär des ZK der SED gewesen, was man etwas verkürzt mit „das politische Gesicht der DDR“ übersetzen könnte. Mit anderen Worten: Der war schon immer da und jetzt will mir jemand weismachen, er wäre nicht mehr da? So ein Quatsch, das gibt’s doch nicht.

Wie sich herausstellte, gab’s das doch.

Und ich war dabei.

Naja gut, ich war in der Nähe.

OK, ich war im selben Land.

Aber immerhin.

Die beiden Gäste im Podcast waren zwar um diese Zeit nicht in Leipzig, aber dafür in Berlin. Einer wohnte sogar ganz in der Nähe der Mauer und nahm am Tag der Grenzöffnung, bevor er erfuhr, daß man jetzt anscheinend ganz ohne Visum und so ausreisen konnte, die Menschentrauben am Grenzübergang wahr und wunderte sich ein bißchen. ;-)

. . .

Ich könnte jetzt noch stundenlang weiterschreiben, aber dann würde der Text so lang, daß ich mir auch noch die letzten drei Leser vergraulen würde. Also belasse ich es mal bei dieser Schlußbemerkung: Ich bin ja mit dem unbewußten Wissen, daß „drüben alles anders ist“, großgeworden. Es war hochinteressant, mal zu hören, wie dasselbe Phänomen von der anderen Seite aus wahrgenommen wurde, und zwar von Leuten, die größenordnungsmäßig so alt sind wie ich (Jahrgang 1971) und auch ähnlich gelagerte Interessen haben (Computer und Technik)...

Aber bevor ich jetzt anfange, von ORWO-Tonbandkassetten zu faseln, höre ich lieber auf.

Ich fand es übrigens auch lustig, wie viele DDR-Ausdrücke und -Abkürzungen mir auch jetzt, nach 20 Jahren, noch selbstverständlich sind, die der Moderator von den Gästen erfragen mußte. Obwohl ich doch wie er aus dem Westen stamme.

Und irgendwo habe ich auch noch den alten Reisepaß mit den ganzen Einreisestempeln aus Gerstungen (das damals direkt an der Grenze lag) herumliegen.

Aber jetzt ist der Text wirklich zu Ende. Glückwunsch an alle, die bis hier durchgehalten haben. :-)

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Sonntag, 6. Februar 2011
Rezept: Runeberg-Schnittchen
Themen: Kochen, Finnland
Gestern wurde hier in Finnland der Runeberg-Tag begangen. Johan Ludvig Runeberg ist der finnische Nationaldichter. Von ihm stammt unter anderem der Text der finnischen Nationalhymne.

Am und um den Runeberg-Tag herum gibt es in Bäckereien und Cafés eine besondere Art von Törtchen zu kaufen, die sogenannten Runeberg-Törtchen. Auf dem nach Runeberg benannten Ausflugsschiff werden diese Törtchen das ganze Jahr über serviert.

[Foto: Runeberg-Törtchen vom Bäcker]

Hübsch, nicht wahr? Leider braucht man für solche zylinderförmigen Törtchen spezielle zylinderförmige Backformen. Wenn man sie zu Hause backen will, kann man beispielsweise ein Muffinblech benutzen. Dann werden sie aber natürlich muffinförmig. ;-)

Mir flattert ja ungefähr einmal im Monat so eine kostenlose Zeitschrift ins Haus, die eigentlich als Werbung für eine Einzelhandelskette gedacht ist. Ich glaube, ich habe schon mal erwähnt, daß das zumindest in meinem Falle nach hinten losgeht, da der Supermarkt, der von meiner Wohnung aus am leichtesten zu erreichen ist und wo ich daher den größten Teil meiner Einkäufe erledige, zu einer ganz anderen Kette gehört. ;-)

Tja, dumm gelaufen.

Aber diese Zeitschrift ist gar nicht so übel (sie ist einer der beiden Gründe, warum ich trotz der werktäglichen Flut von Pizzadienst-Werbeflyern kein „Bitte keine Werbung“-Schild am Briefkasten habe; der andere ist der IKEA-Katalog). Unter anderem stehen meist ganz gute Rezepte drin; diesmal auch ein jahreszeitlich passender Kuchen, nämlich ein Runeberg-Kuchen. Also für all die Leute, die (wie ich) keine Spezial-Runeberg-Backzylinder haben und sich mit Runeberg-Muffins irgendwie blöd vorkommen.

Eigentlich ist das Rezept für einen Runeberg-Kastenkuchen. Ich war aber abenteuerlustig und habe statt der Kastenform eine große flache Backform benutzt, die (wie ich nach einigem Googeln zu meinem Erstaunen feststellte) keinen besonderen Namen zu haben scheint. Jedenfalls ist das Ding etwa 23 auf 33 cm groß. Stellt euch vor, man würde eine Kastenform auf das Doppelte verbreitern und gleichzeitig auf die halbe Höhe reduzieren. Ursprünglich habe ich mir das Ding mal für Brownies gekauft.

Da diese namenlose rechteckige Form von Grundfläche und Volumen her ungefähr einer Springform entspricht, könnte man auch eine Springform verwenden und einen runden Runeberg-Kuchen backen.

Wie dem auch sei; hier ist das Rezept.

Zutaten:
  • für den Teig:
    • 150 g Butter oder Margarine
    • 1 ½ dl (ca. 150 g) Zucker
    • 2 Eier
    • 3 dl (ca. 220 g) Mehl
    • 2 TL Backpulver
    • 2 TL Vanillinzucker
    • 1 EL dunkles Kakaopulver
    • 1 dl Himbeermarmelade
    • 1 dl Pfefferkuchenkrümel
    • Öl und Semmelbrösel für die Backform
  • zum Tränken des Kuchens:
    • ½ dl Wasser
    • ½ dl Rum
    • 2 EL Zucker
  • für den Guß:
    • 1 EL Himbeermarmelade
    • 2 TL Wasser
    • 1 dl (ca. 100 g) Puderzucker
1 dl Himbeermarmelade entspricht so Pi mal Daumen ungefähr 6 gehäuften Eßlöffeln. Insgesamt habe ich für diesen Kuchen knapp 400 g Himbeermarmelade verbraucht; bzw. ich hatte vorher ein frisches 400-Gramm-Glas Himbeermarmelade und das ist jetzt fast leer. Nur damit ihr eine ungefähre Vorstellung davon habt, wieviel Himbeermarmelade „1 dl plus 1 EL“ sind.

Pfefferkuchen sind, anderslautenden Gerüchten zum Trotz, nicht dasselbe wie Lebkuchen. Allerdings kann man für diesen Kuchen, wenn man keine skandinavischen Pfefferkuchen bei der Hand hat, bestimmt auch Lebkuchenkrümel nehmen – also statt der (sowieso schon trockenen) Pfefferkuchen eine entsprechende Menge Lebkuchen trocknen lassen und dann im Mixer zerkleinern. Pfefferkuchen sind nicht, wie der typische Lebkuchen, kuchenartig, sondern eher plätzchenartig. Die Würzung ist ganz ähnlich, aber der Teig ist, wie gesagt, plätzchenteigartig fest und wird auch nicht auf Oblaten gelöffelt oder in einer Form oder auf dem Blech gebacken, sondern ausgerollt und dann in hübschen Formen ausgestochen. Ein Rezept (auf englisch) gibt’s beispielsweise hier (unter dem Namen „gingersnaps“).

Noch eine Anmerkung: Der Guß ist für einen Runeberg-Kastenkuchen berechnet. Wenn ihr den Kuchen stattdessen in so einer großen flachen Form backt wie ich, oder in einer Springform, solltet ihr die doppelte Menge Guß zubereiten.

Jetzt aber zur eigentlichen Zubereitung. :-)

Den Ofen auf 175 Grad vorheizen.

Zucker und Butter schaumig rühren, dann nacheinander die Eier und die Marmelade hinzugeben. Mehl, Backpulver, Vanillinzucker und Kakaopulver gründlich miteinander vermischen, dann ebenfalls zum Teig hinzugeben. Zum Schluß die Pfefferkuchenkrümel untermischen.

Die Backform einfetten und dann mit Semmelbröseln ausschwenken. (Ja, im Ernst. Der Sinn der Sache ist, daß der Kuchen nach dem Backen außen mit Semmelbröseln bedeckt ist.) Den Teig in die Form füllen und glattstreichen. In den Ofen stellen.

Wenn man eine Kastenform benutzt, muß der Kuchen ungefähr 45 Minuten lang im Ofen bleiben. Wenn man eine Springform oder eine große rechteckige Form verwendet, wird der Kuchen nur ungefähr halb so hoch (und dafür doppelt so breit) und muß daher nur ungefähr 20 Minuten lang im Ofen bleiben. In beiden Fällen ist der Kuchen fertig, wenn an einem hineingesteckten Zahnstocher kein Teig klebenbleibt.

Den Kuchen nach dem Backen etwas abkühlen lassen, dann mit einer Gabel Löcher in die Kruste stechen, damit der Kuchen sich gleichmäßig vollsaugen kann. Wasser, Rum und Zucker in einem kleinen Topf erwärmen, bis sich der Zucker aufgelöst hat. Die Mischung mit einem Löffel gleichmäßig über den Kuchen gießen.

Den Kuchen abdecken und mindestens einige Stunden, am besten aber über Nacht ruhen lassen.

Den Kuchen vorsichtig aus der Form lösen und auf eine feste Unterlage legen. Himbeermarmelade, Wasser und Puderzucker zu einem festen Guß vermischen. (Bei Bedarf kann man etwas mehr oder etwas weniger Wasser verwenden, damit der Guß nicht zu dünnflüssig, aber auch nicht zu steif wird.) Gleichmäßig auf dem Kuchen verteilen und erstarren lassen.

(Quelle: Pirkka 1–2/2011)

In dem Heft kam dann am Ende ein wunderschöner Kuchen heraus:

[Foto: Runeberg-Kuchen aus der Zeitschrift "Pirkka"]

(Quelle: Pirkka 1–2/2011)

Meine Schnitten sind natürlich nicht ganz so hübsch. Das liegt bestimmt daran, daß ich keine frischen Pfefferminzblätter im Haus hatte. ;-)

[Foto: selbstgebackene Runeberg-Schnitten]

Aber lecker sind sie trotzdem.

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Sonntag, 30. Januar 2011
Das schreibfreudigste Land
Themen: Postcrossing, Finnland
Finnland hat als erstes Land die Millionengrenze bei Postcrossing geknackt; die finnischen Postcrosser haben also (inzwischen schon mehr als) eine Million Postkarten verschickt!

Die Kartennummer FI–1000000 wurde am 22. Januar vergeben; am 27. Januar wurde die Karte vom Empfänger registriert.

Wir sind zumindest von der Einwohnerzahl her ein eher kleines Land, aber anscheinend extrem schreibfreudig. :-)

Etwa 60 dieser Karten mit den Nummern FI–1 bis FI–1000000 habe ich geschrieben und acht Karten haben mir andere Postcrosser in Finnland geschickt.

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Montag, 24. Januar 2011
Lieber rund als eckig
Themen: Vermischtes
... oder wie ging dieser Spruch? ;-)

Soeben erfahre ich aus einem Artikel bei der Mädchenmannschaft, daß es in Wien eine „Feministische Initiative dicker Frauen gegen Diskriminierung und Schlankheitsterror“, oder kürzer und einfacher: „Arbeitsgemeinschaft Dicke Weiber“ gibt. Die Gruppe hat sogar ein Blog.

Gut. Endlich denkt auch mal jemand an uns, die wir etwas, äh, runder sind als das Idealbild. Also an uns Rubensfrauen, uns Venusse von Willendorf, uns Nanas, uns traditionell gebaute Frauen (für die Fans der Mma-Ramotswe-Krimis), uns „stattliche“ Frauen. So hieß es noch vor kaum mehr als hundert Jahren; meine Ururgroßmutter war „stattlich“, meine Großtante (ihre Enkelin) „hatte einen dicken Hintern“, ich bin dick rundlich weiblich gerundet eine Frau, der man ansieht, daß sie ihr Essen genießt.

Den dicken Hintern meiner Großtante habe ich übrigens geerbt. Und das ist MEINER und den gebe ich nicht her. Ja, mir ist klar, daß damit jede Diät von vornherein zum Scheitern verurteilt ist, aber an Diäten glaube ich sowieso seit ungefähr 25 Jahren nicht mehr. Es ist bloß etwas verrückt, wenn ich beim Kleiderkaufen mal wieder feststelle, daß mein Hintern um mehrere Kleidungsgrößen größer ist als der Rest von mir. Der Rest von mir fällt nämlich eher in die Kategorie „pummelig“. ;-)

Mein Rat an alle Frauen, die sich „zu dick“ fühlen: Freundet euch mit (Schwarz-) Afrikanern an. Anscheinend gilt in vielen afrikanischen Ländern etwas (ich sag mal) Fleisch auf den Rippen immer noch als Schönheitsmerkmal. Ich hatte in dieser Hinsicht großes Glück... Gerade in den Jahren, in denen ich plötzlich in die Breite ging (ich war bis Mitte 20 eher zu dünn), hatte ich mehrere afrikanische Nachbarn, die mir erklärten: Nein, du bist nicht dick geworden! Es gibt jetzt einfach nur mehr von dir! (Mode-Tip: Wallende afrikanische Gewänder sehen auch an Frauen gut aus, die noch wesentlich dicker sind als ich. Indische Salwar kameez ebenfalls. Die Models auf dieser Site sind zwar alle ziemlich schlank, aber einige dieser Schnitte eignen sich wirklich gut zum Kaschieren einer nicht vorhandenen Taille...)

Wer sich dennoch zu dick fühlt, findet vielleicht Trost in dem Gedanken, daß dadurch ein anderes Schönheitsmakel ausgeglichen oder womöglich sogar verhindert wird: „If I keep expanding, I’ll never wrinkle.“ Leider fällt mir auch nach noch so vielem Nachdenken (und einigem Herumgoogeln) nicht mehr ein, wer das gesagt hat: Garfield oder Sherman.

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Donnerstag, 20. Januar 2011
Niedliche Tierchen
Themen: Vermischtes
Ich bin gerade beim Sortieren meiner alten Bookmarks. Und es war wirklich höchste Zeit; meine aktuelle Bookmarks-Datei bringt knapp 20 MB auf die Waage!

Ein guter Teil davon sind Intranet-Links von diversen ehemaligen Arbeitgebern, die ich erstens nicht mehr brauche und die zweitens von hier aus, also außerhalb des firmenspezifischen Intranet, sowieso nicht funktionieren. Mal ganz abgesehen davon, daß zumindest eine dieser Firmen ihr Intranet sowieso alle paar Monate umbaut und die Links, die ich habe, auch innerhalb des Intranet nicht mehr funktionieren würden... :-P

So schmeiße ich also eine Menge veraltete Links raus und so langsam wird die Bookmarks-Datei kleiner.

Natürlich finde ich dabei auch die eine oder andere interessante Seite – bzw. finde sie wieder.

Beispielsweise diese hier: Riesenmikroben. Da hat ein Spielzeughersteller doch tatsächlich eine Plüschtier-Produktreihe auf den Markt gebracht, die größtenteils aus Einzellern besteht... vor allem diverseste Krankheitserreger (wer hätte gedacht, daß Helicobacter pylori oder Plasmodium falciparum so niedlich aussehen können?), aber auch ganz normale „liebe“ Körperzellen sowie einige andere eher harmlose Zeitgenossen, z. B. Hefepilze oder Grünalgen. (Nachtrag: Ach, wie goldig... eine der kleinen Grünalgen hat die Augen zu... Schlaf gut, kleine Alge!)

Wenn man mehrere bestellt, kann man sie sich anscheinend in einer Petrischale liefern lassen. Da lacht das Naturwissenschaftlerherz.

Aber den Vogel abgeschossen haben sie mit der Eizelle und der Samenzelle. Eizelle mit rosa Haarschleifchen, Samenzelle mit blauem Haarschleifchen. ;-)

(ObDepression: Diese Site hätte ich zu gerne meinen Eltern gezeigt; denen hätte sie sicher ebenfalls großen Spaß gemacht. Mein Vater war ja im Grunde seines Herzens Naturwissenschaftler und hat mir während meiner Schulzeit u. a. bei diversen Mikroskopierprojekten geholfen; meine Mutter hat vor der Pensionierung zuletzt in einem medizinischen Labor gearbeitet, dessen Maskottchen eine Milbe (bzw. das Foto einer ebensolchen) namens Ignaz war. Und jetzt sind sie tot und ich muß mir die Site alleine angucken. <schnief> Aber goldig sind die Viecher schon, das muß man ihnen lassen... mmm, Amöben zum Kuscheln... Schade, daß sie keine Pantoffeltierchen haben! Ich mag Ciliaten...)

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Montag, 17. Januar 2011
Da schmeckt der Tee gleich noch einmal so gut
Themen: Schnecken

[Bild: Steinbeck-Tasse mit zwei Schnecken]

Diese hübsche Tasse mit den beiden Schnecken, die sich lieb haben, habe ich vor vielen, vielen Jahren von den lieben Leuten in unserem Uni-Institut geschenkt bekommen. Dazu gab’s noch ein T-Shirt und eine Grußkarte mit Schneckenmotiven vom selben Künstler.

Anlaß war meine unmittelbar bevorstehende Abreise nach Finnland.

Damals, im Sommer 1994, ahnte ja noch keiner, daß aus dem geplanten einen Jahr (ähm) etwas mehr werden würden...

Das An-schöne-Sachen-Denken-und-mich-Erinnern gehört ja zu meiner selbstauferlegten Therapie. Deshalb komme ich hier im Blog vermutlich oft wesentlich fröhlicher rüber, als ich mich eigentlich fühle. Heute also mit meiner geliebten Schneckentasse... Nochmal vielen Dank, liebe Saarbrücker Phonetiker! :-)

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Mittwoch, 12. Januar 2011
Ein guter Tag
Themen: Vermischtes
Heute ist ein guter Tag. :-)

Und eine Prise Chili im Kakao ist lecker. Nein, ganz im Ernst. Ich sitze hier gemütlich auf meinem Bett-Sofa-Hybrid (rein technisch ist es ja ein Bett, aber wenn ich nicht gerade drinliege, kommt eine bunte Tagesdecke drauf und ich nenne es „Sofa“) mit einer Thermoskanne voller Kakao mit etwas Chili drin. Und der ist, wie gesagt, sehr lecker.

Und ich war gestern beim Arzt und bin weiterhin krankgeschrieben, und zwar bis April. OK, Kranksein ist nicht so schön, aber wenn man schon mal diese ganzen blöden Symptome hat, ist es schön, wenn man sozusagen offiziell als „krank“ anerkannt ist und deshalb nur wenige Verpflichtungen hat. Erstens ist das natürlich angenehm und zweitens hilft es (hoffentlich) auch bei der Genesung.

Und ich habe mich heute morgen zum ersten Mal seit Wochen halbwegs ausgeschlafen gefühlt. In der letzten Zeit bin ich morgens nie so richtig aus dem Bett gekommen. Naja gut, dachte ich, vielleicht braucht mein Körper ja die Ruhe, also lasse ich es zu und gebe mir Mühe, mir deswegen keine Vorwürfe zu machen – also von wegen „ich bin ja so faul“ oder was einem in solchen Situationen halt einfällt. (Wenn man depressiv ist, fallen einem solche Selbstvorwürfe ja ganz besonders leicht!) Aber irgendwann kam es mir doch etwas seltsam vor, daß ich abends um eine halbwegs vernünftige Zeit (irgendwann zwischen acht und zehn) ins Bett ging und auch müde war, dann aber stundenlang wachlag; und morgens dann um eine halbwegs vernünftige bzw. zur Schlafengehenszeit (nicht aber zur tatsächlichen Einschlafzeit!) passende Zeit aufwachte (irgendwann zwischen vier und sechs) und einerseits nicht mehr einschlafen konnte, es andererseits aber auch nicht schaffte, tatsächlich aufzustehen. Oder auch nur das Licht anzumachen und ein wenig zu lesen oder Musik zu hören oder so. Glücklicherweise ging es mir da nicht so wie vielen anderen Depressiven; ich lag nicht wach, weil mich Sorgen plagten, und ich lag auch morgens nicht im Bett und traute mich einfach nicht raus, sondern ich lag abends einfach wach, weil ich wach war, und morgens kam ich nicht aus dem Bett, weil ich nicht aus dem Bett kam. Immerhin. :-/

Aber gestern hat der Arzt die Dosierung der beiden Medikamente, die ich im Moment nehme, verändert; von dem Antidepressivum (Paroxetin) nehme ich jetzt die doppelte Dosis und von dem Beruhigungsmittel (Zopiclon) nur noch die halbe. Keine Ahnung, ob sich die Wirkung dieser Änderung wirklich so schnell zeigen kann, aber in der letzten Nacht habe ich, wie gesagt, zum ersten Mal seit Wochen gut geschlafen bzw. hatte am Morgen das Gefühl, gut geschlafen zu haben, und das Aufstehen gelang auch erstaunlich früh und erstaunlich leicht. :-)

Und dann kam mit der Post ein Mini-Päckchen (eigentlich war’s nur ein ganz normaler gepolsterter Briefumschlag im C5-Format, aber er war sehr dick) von meiner besten Freundin, mit ein paar Fotos von ihren Weihnachtsferien und einem Daumenkino-Büchlein mit einer Geschichte über eine Schnecke, die in Urlaub fährt. Sehr niedlich. :-)

Und seit gestern lade ich mir nach und nach die Vortragsmitschnitte vom letzten Chaos Communication Congress (der ging vor zwei Wochen zu Ende) herunter und gucke mir sie nach und nach an. Oh Mann, wenn ich mich an die gute alte Zeit erinnere, wo ich das per FTP (oje) oder im Browser (ojeojeojewirwerdenalleSTERBENojeojeichwillhierRAUS) tun mußte... Merke: Große Dateien mit egal welchem Webbrowser runterladen ist nicht lustig. Aber heutzutage stellen die lieben Leute vom CCC die Mitschnitte auch als Torrents zur Verfügung. Das ist viel komfortabler... Tja, und im Lauf der nächsten Stunde werde ich maha dabei zugucken und -hören, wie er (mal wieder) Politikergeschwätz auseinandernimmt, und zwar sehr schön fundiert wissenschaftlich. Schließlich ist er Sprachwissenschaftler. Hach, ich mag ihn. :-) Naja, kein Wunder, bin ja selber Sprachwissenschaftlerin...

(Ich bin auch schon ganz gespannt auf den Vortrag von Sai; der Mann hat irgendwann im Oktober oder November einige dunkle Andeutungen über seine aktuellen Forschungen fallen lassen, weigerte sich aber beharrlich, Details preiszugeben. Irgendwas mit Psychologie, meinte er. Ich kenne einige seiner früheren Projekte, und mein Hirn spekuliert jetzt natürlich aufs wildeste, was er wohl dieses Jahr wieder angestellt haben mag... Naja, mal sehen. Leider ist der Mitschnitt dieses Vortrags ziemlich groß, und ich glaube nicht, daß ich den heute noch vollständig runtergeladen kriege. Aber macht nichts; dann halt morgen oder übermorgen...)

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