Mittwoch, 24. November 2010
Schneckentherapie (2)
Themen: Männer und Frauen, Postcrossing, Schnecken
Nach der goldigen Schneckenpostkarte von neulich habe ich gestern schon wieder eine interessante Schneckenpostkarte aus Finnland bekommen. Und wieder klebte diese Schneckenbriefmarke drauf, von der ich seinerzeit, als sie herausgegeben wurde, gar nichts mitbekommen habe.

Die Postkarte selber ist diesmal allerdings alles andere als jugendfrei. Meine Güte, was es alles gibt... Erotische Zeichnungen mit Schnecken-Thematik. Wer hätte das gedacht. Huijuijui.

Ich frage mich, was der Briefträger gedacht hat, als er diese Karte zustellte. Hoffentlich war er eher amüsiert als entsetzt. ;-)

Mich hat die Karte jedenfalls ziemlich aufgeheitert, als ich gestern abend ganz müde heimkam.

Nein, ein Bild werde ich nicht online stellen. Schließlich soll dieses Blog wenigstens halbwegs jugendfrei bleiben.

Wer das Bild sehen will (und sich alt und reif genug fühlt), kann es sich in der Wikipedia angucken. Einfach im Suchfeld die Stichwortkombination „Sweet Snail Franz von Bayros“ eingeben und bei den Suchergebnissen dann unter „Multimedia“ gucken. (Default ist „Inhaltsseiten“, da gibt’s dann eine Biographie des Künstlers; die ist natürlich auch interessant, aber bei „Multimedia“ geht’s direkt zum Bild.)

Seit gestern abend sitze ich nun vor diesem Bild und beschäftige mich medienkritisch damit. Einerseits ist das Bild natürlich (finde ich zumindest) einfach schön und ziemlich elegant. Das Bild ist von 1909, und ich mag Jugendstil. :-)

Andererseits mache ich mir als alte Feministin bei sowas natürlich immer Gedanken: Ist das jetzt frauenfeindlich? Oder eher männerfeindlich? Oder sowohl als auch? Oder weder noch? <grübel>

(Ich kenne einige Leute, die längst das Bild in ihr Blog gestellt und dazu eine Umfrage programmiert hätten: Ist dieses Bild (a) frauenfeindlich, (b) männerfeindlich, (c) schneckenfeindlich?)

Natürlich gibt es Leute, die bei der Darstellung von Nacktheit in egal welchem Kontext sofort „Sexismus!!“ schreien. Aber das sind wohl eher die Leute, die auch den Tieren im Zoo (bis hin zu den Fischen im Aquarium) am liebsten Höschen anziehen würden, weil Nacktheit ja irgendwie unanständig ist. Oder die auch solche Sachen wie abstrakte Gemälde mit Titeln à la „Nackte Aphrodite“ für anstößig halten, auch wenn man darauf nichts erkennen kann außer ein paar bunten Rechtecken. Denn bei dem Titel müssen diese Rechtecke ja irgendwie pornographisch (oder zumindest pornographisch gemeint) sein. Nicht wahr? – Oder so ähnlich.

Aber dieses Bild ist ja nicht abstrakt und bunte Rechtecke sind auch keine drauf. ;-)

Die Frau auf dem Bild ist so gut wie nackt, aber man sieht nix, da sie halb von hinten gezeichnet ist und einen Arm so hält, daß er... äh... das, was in dieser Stellung eventuell zu sehen wäre, ziemlich gründlich verdeckt. (Wenn man bedenkt, wann das Bild gezeichnet wurde, kommen einem natürlich solche Gedanken wie der, daß diese Darstellung dennoch unglaublich unzüchtig ist bzw. es damals war, weil damals vermutlich schon die Darstellung eines nackten Unterschenkels als pornographisch galt. Oder so ähnlich.)

Der Mann ist... wie soll ich sagen... auf ein einziges Körperteil reduziert. Äh... <rotwerd> eins, das sich so rein von der Form her mit etwas Phantasie als Schnecke darstellen läßt. Man könnte also sagen: Da wird der Mann auf eine einzige Komponente reduziert, nämlich den Geschlechtstrieb, und das ist total sexistisch (bzw. männerfeindlich). Umgekehrt könnte man auch sagen: Da wird die Welt so dargestellt, als ob Frauen nur zur Befriedigung männlicher Triebe da wären, und das ist total sexistisch (bzw. frauenfeindlich).

Außerdem kann man, wenn man will, in dem Bild eine gewisse Sado-Maso-Thematik erkennen. Dazu schreibe ich jetzt aber nichts Genaueres. <fiesgrins>

(Ich erlaube mir nur die kurze Bemerkung, daß gewisse Leute ja Sado-Maso-Sachen für per definitionem frauenfeindlich halten. Die stellen sich anscheinend vor, daß es da immer so läuft, daß irgendwelche hilflosen Frauen von irgendwelchen fiesen Männern gefesselt und ausgepeitscht werden oder so. Was diese Leute wohl von diesem Bild halten würden? Da ist nämlich eindeutig die Frau der dominante Partner... und ihr Partner macht einen sehr willigen Eindruck, es geht also definitiv nicht um das fiese Fesseln und Auspeitschen irgendwelcher hilfloser Männer. Oder Schnecken.)

Jedenfalls habe ich jetzt nach längerem Nachdenken beschlossen, daß man zwar, wenn man will, darin Sexismus der einen oder anderen Art entdecken kann, daß ich das aber nicht tue. Mir gefällt das Bild sehr gut; unter anderem deshalb, weil die Frau und, äh, ich sag jetzt mal: die Schnecke sehr zärtlich miteinander umgehen. Meiner Meinung wird da niemand von irgendjemandem unterdrückt. Im Gegenteil, die beiden scheinen sich gut miteinander zu verstehen. Ich könnte mich womöglich sogar zu einer Bemerkung wie „ooh, wie süß!“ hinreißen lassen.

Und außerdem gefällt das Bild mir natürlich wegen der Schnecken-Metaphorik... :-)

Und weil ich Jugendstil mag.

Aber meine Güte, was es alles für Postkarten gibt auf der Welt...

So, und damit endet diese Apologie der Schnecken-Pornographie. ;-)

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Dienstag, 23. November 2010
Tagesausflug
Themen: Neuro-Psycho, Finnland
Heute war ich in Turku.

Ab und zu (ein- oder mehrmals im Jahr) halte ich einen Vortrag über Autismus und/oder ADHS aus der Sicht einer Betroffenen (äh, also mir). Oft geschieht das im Rahmen irgendeiner Fortbildungsveranstaltung für Leute, die z. B. in die Behindertenarbeit gehen wollen; einmal war mein Vortrag einer von mehreren an einem „Thementag Autismus“ einer Behindertenorganisation und einmal habe ich einen Vortrag vor einem reinen Fachpublikum (Leute, die schon länger mit Behinderten arbeiten) gehalten.

Das heute war eine Vorlesung in einer Reihe, die zu so einer Fortbildungssache gehörte. Mein Publikum bestand aus Leuten, die ehrenamtlich als „Helfer im Alltag“ mit Behinderten arbeiten wollen – allerdings nicht als voll ausgebildete Pfleger oder Psychologen oder Sozialarbeiter, sondern als „Stützpersonen“ (so heißt der finnische Ausdruck übersetzt), die in bestimmten schwierigen Situationen oder auch bei kleineren Notfällen (denen, bei denen man nicht gleich Polizei, Feuerwehr und/oder einen Notarzt rufen muß) helfen. Das können – je nachdem, mit was für einer Art von Behinderung man es zu tun hat – durchaus auch so für „normale“ Menschen banale Sachen sein wie einen Wochen-Zeitplan erstellen zu helfen (sowas ist für Leute mit ADHS eine knifflige Angelegenheit und manche schaffen es alleine gar nicht) oder bei einem Behördengang mitzugehen, einfach so zur moralischen Unterstützung (was beispielsweise ein Sozialphobiker allein nicht hinkriegt).

Denen habe ich also ausführlich erzählt, wie mein Alltag aussieht und auf was für eine einzigartige Weise ich die Welt betrachte und wobei ich im Alltag oder auch in Krisensituationen Hilfe brauche. (Da hat es ganz gut gepaßt, daß ich gerade in einer – nicht mehr ganz akuten, aber immer noch existenten – psychischen Krise stecke; so konnte ich ihnen brühwarm erzählen, was für eine Art von Hilfestellung ich gestern oder letzte Woche gebraucht habe oder bekommen habe oder gerne bekommen hätte.)

Hat Spaß gemacht. Auch wenn es teilweise an die Substanz ging; über eigene (teils schwere) Probleme zu reden ist ja nie ganz einfach. Aber im großen und ganzen habe ich den Tag viel stärker positiv als negativ erlebt. :-)

Erstens ist es ja immer wieder schön, wenn mir jemand eine ganze Reise (naja gut, einen Tagesausflug) in eine andere Stadt bezahlt, nur damit ich mich da hinstelle und zwei Stunden lang über mich selbst rede. ;-)

Zweitens sind meine Kontakte auf diesem Gebiet aus irgendeinem Grund alle schwedischsprachig, und ich freue mich immer, wenn ich mal wieder ausgiebig Schwedisch reden kann – gerade wenn es um ein Thema geht, das mir am Herzen liegt. (Hinweis für Haarspalter: Nicht jede schwedischsprachige Konversation macht Spaß, bloß weil sie auf schwedisch ist!)

Und Turku ist auch eine sehr schöne Stadt. Ich hatte zwar bis jetzt noch nie viel Zeit, sie mir so richtig anzugucken, aber das Stadtzentrum ist ja schon mal sehr malerisch mit dem Fluß und dem Dom und den ganzen schönen alten Häusern...

Tja, und wenn man für zwei Stunden Vortraghalten eine Rechnung ausstellen darf, deren Betrag größenordnungsmäßig drei Tagen Arbeitslosengeld entspricht, ist das ja auch nicht ganz schlecht. ;-) (OK, zwei Stunden Vortraghalten plus sechs Stunden Im-Bus-Schlafen-oder-Musikhören plus etwas Vorarbeit plus Spesen, also die Kosten der Busfahrkarte. Ach ja, und ein Mensa-Mittagessen haben sie mir spendiert. Der Vortrag steht eigentlich mehr oder weniger fest, ich muß meine Slides nur ab und zu etwas updaten. Die Vorarbeitszeit hielt sich also eher in Grenzen. Aber auch wenn man diese Zeit mit einrechnet (ich weigere mich, das Im-Bus-Dösen als Arbeitszeit zu rechnen), kommt immer noch ein Stundenlohn raus, mit dem ich ganz glücklich bin. Schade, daß es für solche Vorträge nur einen recht begrenzten Markt gibt...)

Jetzt muß ich meine Lohnsteuerkarte suchen gehen...

. . .

Heute morgen in aller Frühe ging’s los. Ich mußte um sechs Uhr von zu Hause aufbrechen, um den Überlandbus um sieben Uhr zu erwischen. (Und habe prompt die ganzen Butterbrote, die ich mir gestern als Reiseproviant geschmiert hatte, in der Küche liegen lassen. Zum Glück in einer Plastiktüte, so kann ich sie wenigstens jetzt noch ohne Zuhilfenahme von Hammer und Meißel essen...)

Das hier ist der Bus. :-) „H:ki“ steht für „Helsinki“; das „pika“ ganz links in der Anzeige heißt „schnell“. Der Bus hielt also nicht an jedem Hühnerstall. (Auf der Rückfahrt habe ich einen „express“ erwischt, der hielt zwischen Turku und Helsinki überhaupt nicht und schaffte die Strecke um 30 Minuten schneller.) Die etwas seltsamen Lichtverhältnisse auf dem Bild liegen nicht etwa daran, daß es um diese nachtschlafende Zeit noch stockdunkel war (war es), sondern daran, daß der Helsinkier Busbahnhof ein unterirdischer ist.

[Bild: Schnellbus von Helsinki nach Turku]

Hier ist das Wahrzeichen von Turku, der Dom.

[Bild: Der Dom in Turku]

In der Umgebung des Doms gibt es eine Menge schöne alte Häuser...

[Bild: Altstadt von Turku]

[Bild: Altstadt von Turku]

... das, in dem ich meinen Vortrag gehalten habe, ist ganz ähnlich. Ich habe aber leider kein Foto davon.

Tja, und natürlich wurde ich da beim Schlendern durch die Turkuer Altstadt etwas wehmütig. Ich war zwar schon öfters in Turku gewesen, aber das bislang einzige Mal, wo ich durch die Altstadt geschlendert war, war 1995 mit meiner Mutter. Und die ist ja leider seit zweieinhalb Jahren tot. <schnief>

<tränchenzerdrück>

Und dann stellte ich mich am Dom vor den Eingang und ließ mich eine Weile vom Wind umarmen. Das hat geholfen.

. . .

Im Moment ist mir wieder (oder immer noch) sehr nach Weinen zumute, aber zum Glück ist mir irgendwann während der Busfahrt nach Hause aufgefallen, daß das nicht so sehr daran liegt, daß ich im Moment fürchterlich depressiv wäre (depressiv bin ich zwar immer noch, aber zumindest im Moment nicht fürchterlich), sondern einfach daran, daß ich müde bin.

Ich gehe heute früh ins Bett...

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Samstag, 20. November 2010
Eierpunsch
Themen: Kochen
Vor ein paar Tagen habe ich dieses Rezept für alkoholfreien Eierpunsch entdeckt und mir seitdem jeden Tag eine Tasse davon angerührt. Lecker. :-)

Man nehme (pro Person/Tasse):
  • 1 Ei
  • 1 TL Zucker
  • ½ TL Vanillezucker
  • 3 dl kalte Milch
Zuerst wird das Ei mit dem Zucker und dem Vanillezucker gut verrührt – am besten im Mixer, aber ein Schneebesen tut’s auch; das Zeug muß nicht schaumig geschlagen, sondern nur ordentlich vermischt werden. Dann kommt die Milch dazu. Nochmal ordentlich umrühren, in eine schöne Tasse oder ein schönes Glas füllen, fertig.

Wenn man’s richtig stilvoll machen will, kann man noch Schlagsahne obendrauftun. Oder, wie ich es tue, etwas Zimt draufstreuen. Oder – Gipfel der Genüsse! – Schlagsahne und dann Zimt obendrauf. ;-)

Für Leute, die wie ich amerikanische Hohlmaße verwenden, entsprechen die drei Deziliter Milch übrigens eineinviertel Tassen.

[Bild: Eierpunsch in rosa Tasse]

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Donnerstag, 18. November 2010
Neuschnee
Themen: Neuro-Psycho, Finnland
So, seit gestern bin ich krankgeschrieben. „Depressio mentis gravis“. (Finnische Ärzte stellen ihre Diagnosen gerne auf Latein.)

Hmm, ich hatte immer gedacht, „gravis“ wäre die Art von Depression, mit der man sofort ins Krankenhaus müßte. Aber ich habe „nur“ eine Krankschreibung und zwei Rezepte (eins für ein Antidepressivum und eins für ein Beruhigungsmittel, damit ich nachts ordentlich schlafen kann) bekommen.

Und dabei mal wieder gemerkt, daß mein Psychiater eine typische Arzthandschrift hat. Die Rezepte konnte ich gar nicht entziffern; zum Glück schien die Frau in der Apotheke mit sowas Erfahrung zu haben. Jedenfalls hat sie, ohne mit der Wimper zu zucken, eifrig Sachen in ihren Computer getippt und mir dann die Medikamente überreicht, komplett mit leserlichen Kleberchen, was wann wie einzunehmen ist (also im Prinzip mit dem, was der Arzt aufs Rezept gekritzelt hatte). (Hierzulande kriegt man bei verschriebenen Arzneimitteln immer so Kleberchen drauf. Meist funktioniert das ganz gut, aber manchmal passieren so Sachen wie damals, als ich bei einem Arzt in Behandlung war, der mit mir Deutsch redete und deshalb meinte, den Teil des Rezepts, der auf das Kleberchen draufkommt, auch auf deutsch schreiben zu müssen. Also damit ich bei der Einnahme ganz sicher nichts falsch mache. Wenn ich daran denke, was die Apotheker da teilweise „entziffert“ und dann aufs Kleberchen gedruckt haben... Aber ich schweife ab. Jedenfalls konnte ich den Mann irgendwann davon überzeugen, daß ich Sachen wie „morgens und abends je eine Tablette mit etwas Flüssigkeit einnehmen“ auch auf finnisch verstehen kann, und von da an gab es keine gar putzigen Schreibfehler mehr auf den Kleberchen.)

Das Krankschreibungsformular hat er übrigens in Blockschrift ausgefüllt. Naja gut, er ist ja schon etwas länger Arzt und hat vermutlich die Erfahrung gemacht, daß Apotheker durchaus in der Lage sind, Arzthandschriften zu entziffern, andere Leute (z. B. Angestellte von Krankenkassen, Leute in Sekretariaten und wer so eine Krankschreibung halt sonst noch so zu sehen kriegt) aber womöglich nicht.

Jetzt bin ich bis Mitte Dezember krankgeschrieben. Kurz vor Ablauf der Zeit habe ich einen weiteren Arzttermin; dann wird sich zeigen, ob die Krankschreibung verlängert wird. (Nach dem, was der Arzt mir über die Wirkungsweise des Antidepressivums erzählte – seeeeehr langsam, wie eigentlich die meisten Antidepressiva – halte ich eine Verlängerung für wahrscheinlich. Aber man wird sehen.)

(Der Arzt hat übrigens auf die Krankschreibung noch als Kommentar draufgeschrieben, daß ich nach seiner professionellen Meinung schon ziemlich lange arbeitsunfähig war, bevor ich zu ihm kam. Keine Ahnung, ob das irgendwelche offiziellen Auswirkungen hat oder ob er es einfach nur so hingeschrieben hat.)

Heute morgen war ich dann bei der städtischen Psycho-Krisen-Stelle und hatte ein ziemlich gutes Gespräch mit einer Frau dort. Sie hat mir u. a. einige Tips gegeben, wo ich konkrete Hilfestellung zu bestimmten konkreten Problemen bekommen kann, und mir außerdem empfohlen, mich auf das zu besinnen, was ich trotz Depression hinkriege (immerhin schaffe ich es, jeden Tag sogar noch vor der Mittagszeit aus dem Bett zu kommen und zu frühstücken und mich an vielen Tagen sogar anzuziehen – das schaffen nicht alle Depressiven!), und mir das zu verzeihen, was ich nicht hinkriege. (Ich muß nicht jedem zeitnah antworten, bloß weil der mich gerade angemailt hat. Selbst wenn es ein alter Freund ist. Ich muß nicht immer ans Telefon gehen, bloß weil das grade klingelt.) Sie meinte, vielleicht will mein Körper im Moment ja eine Weile „Pause machen“ und eine eher ruhige Kugel schieben und dann auch nur mit ganz wenigen Leuten kommunizieren müssen; ich sollte das einfach mal ein paar Tage oder womöglich auch Wochen lang zulassen. Und bis dahin sollte das Antidepressivum ja schon angefangen haben zu wirken, und vielleicht kann ich’s dann ja sowieso schon wieder. Es wird irgendwann besser werden, ich sollte mir halt bloß nicht selber ein Bein stellen, indem ich versuche, mir zur Genesung einen Termin zu setzen oder sowas in der Art. Und bis dahin einfach daran denken: ich habe einen halbwegs geregelten Tagesablauf, ich nehme jeden Tag irgendwelche halbwegs sinnvolle Nahrung zu mir, das bedeutet, daß ich Sachen auf die Reihe kriege.

Danach war ich noch beim Arbeitsamt; dort weiß man jetzt, daß ich bis auf weiteres nicht „belästigt“ werden darf. Jetzt muß ich nur noch der Krankenkasse mitteilen, daß sie anfangen dürfen, mir Kranken-Tagegeld zu zahlen...

. . .

Zu dieser Beratungsstelle hinzukommen, war heute morgen nicht ganz einfach. Es hat nämlich in der Nacht angefangen zu schneien (und bis jetzt noch nicht aufgehört). Die finnischen Autofahrer – vor allem die, die von Berufs wegen fahren, z. B. die Busfahrer – lassen sich zwar auch von größeren Mengen Schnee (als ich heute morgen aus dem Haus ging, hatte es fast 10 cm!) nicht so schnell ins Bockshorn jagen wie die deutschen, aber am ersten Schneetag jedes Winters gibt es vormittags immer ein kleines bißchen Verkehrschaos. Aber nur ein kleines bißchen; ich kam fast pünktlich zu meinem Termin und die Heimfahrt klappte auch recht gut.

Die Strecke, die der Bus fuhr, war total schön; es ging ziemlich lang über Landstraßen, das heißt, heute halt zwischen verschneiten Feldern und Wäldern durch. Herrlich. :-)

Aus dem fahrenden Bus heraus kann man ja nicht so gut fotografieren, aber hier sind ein paar Impressionen aus der Stadt:

[Bild: Weihnachtsbeleuchtung in der Fußgängerzone in Tikkurila]

[Bild: eingeschneite Hortensien]

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Mittwoch, 17. November 2010
Schneckentherapie
Themen: Neuro-Psycho, Postcrossing, Schnecken
Heute war in der Post eine Karte, die mir so gut gefällt, daß ich jetzt einfach darüber bloggen muß.

Ich mag ja Schnecken. Und das steht auch in meinem Postcrossing-Profil. Weil ich Schnecken mag und immer und überall nach Schnecken(motiven) Ausschau halte, weiß ich auch, wie schwierig es ist, z. B. Postkarten mit Schnecken drauf zu finden. Um so mehr freut es mich, wenn es doch mal jemand schafft.

Tja, und heute bekam ich also diese Karte hier:

[Bild: Postkarte mit Schneckenbild und Schneckenbriefmarke und Ersttagsstempel]

Das ist ein Ersttagsbrief aus Finnland – bzw. wie nennt man eigentlich einen „Ersttagsbrief“, der statt aus einem Briefumschlag aus einer Postkarte besteht? Auf jeden Fall hat das Ding einen Ersttagsstempel.

Ich hatte gar nicht gewußt, daß die finnische Post mal Briefmarken mit Schnecken drauf herausgegeben hat. :-D

Schaut mal, wie lieb die Schnecke auf der Briefmarke guckt:

[Bild: Schnecken-Briefmarke, Nahaufnahme]

Und sogar auf dem Stempel ist eine Schnecke drauf!

[Bild: Ersttagsstempel mit Schneckenmotiv]

Unter der Schnecke steht „Ersttag“ auf finnisch und schwedisch; über der Schnecke steht der Name des Ausgabeorts, und zwar ebenfalls auf finnisch („Helsinki“) und schwedisch („Helsingfors“).

Und auf der Rückseite (da, wo man bei einer normalen Postkarte die Briefmarke hinkleben würde) sind noch zwei Schnecken.

[Bild: kleines Schneckenmotiv]

Die Postkarte bzw. die Briefmarke trägt anscheinend den schönen Namen „Regen oder Sonnenschein?“. In Finnland gibt es nämlich einen Kinderreim, in dem eine Schnecke gefragt wird, wie morgen das Wetter wird: „Etana, etana, näytä sarves, onko huomenna pouta?“ Oder auf deutsch: „Schnecke, Schnecke, zeig deine Hörnchen, wird es morgen regnen?“ (Für die Haarspalter unter uns: Eigentlich ist pouta ja definiert als „niederschlagsfreies Wetter“, also das genaue Gegenteil von Regenwetter, aber die Schnecke in der deutschen Übersetzung zu fragen, ob es morgen nicht regnen wird, war mir dann doch zu doof.)

Schnecken können zwar genausowenig das Wetter vorhersagen wie wir anderen (äh, ich sag jetzt mal) Erdbewohner, aber auf jeden Fall ist die Karte schön. :-) Schade, daß mir die Nahaufnahmen (Briefmarke und Stempel) einfach nicht richtig scharf geraten wollten. Aber immerhin kann man erkennen, was es sein soll...

Und daß mich diese Karte ausgerechnet während einer depressiven Phase erreicht hat, ist natürlich ein besonderer Glücksfall.

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Dienstag, 16. November 2010
Kleine Freuden des Alltags
Themen: Vermischtes
Die neue CD von Josh Woodward ist diese Woche rausgekommen. <freu> Ich höre sie mir gerade an.

Sie ist wunderschön.

Also die Musik, nicht die CD an sich. ;-)

(Aber das sollte jetzt eigentlich niemanden überraschen. Ich bin von dem Mann bzw. seiner Musik ja sowieso so begeistert, daß ich im letzten Winter sogar eine Phase hatte, in der ich mehrere Monate lang gar keine andere Musik hörte...)

Naja gut, jedenfalls kann man das Ding wie immer auf seiner Homepage kaufen (als „richtige“ CD) oder kostenlos runterladen (als MP3s).

Wenn ich wieder einen Job finde, werde ich mir von meinem ersten Gehalt die ganze Musik, die ich mir im Laufe der Zeit von dort in Form von MP3s heruntergeladen habe, als CDs kaufen. Sozusagen als Sicherungskopien; und außerdem muß man sich ja irgendwie erkenntlich zeigen... :-)

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Neulich habe ich bei Postcrossing die Adresse einer Frau gezogen, aus deren Profil hervorging, daß keine der vielen Karten, die ich hatte, auf ihre Hobbys und Interessen paßte. Also schickte ich ihr eine neutrale, was für mich meist bedeutet: etwas mit Blumen drauf. In diesem Fall: Tulpen.

Und was passiert? Sie schickte mir eine begeisterte Rückmeldung: Wie ich denn erraten hätte, daß Tulpen ihre Lieblingsblumen sind? Und überhaupt und sowieso. Freude, Freude, Freude. Und die Briefmarke hat ihr auch sehr gefallen. Da war nämlich Viivi drauf, die weibliche Hälfte von Viivi & Wagner, und (was ich genau wie die Sache mit den Tulpen nicht hatte ahnen können) zufällig ist „Vivi“ ihr Spitzname.

Tja, wie das Leben so spielt. ;-)

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Krisensitzungen
Themen: Neuro-Psycho
Gestern hat mich mal wieder die Depression gepackt.

Diesmal brachte ich endlich die Kraft auf, bei der städtischen Psycho-Krisen-Hotline anzurufen.

Da hatte ich dann ein nettes etwa halbstündiges Gespräch mit einer... äh... ich glaube, die Frau ist Sozialarbeiterin. Jedenfalls nicht Psychologin. Sozial-irgendwas. Ist aber auch egal.

Auf jeden Fall habe ich jetzt am Donnerstagmorgen einen Termin dort für ein persönliches Gespräch. Bis dahin habe ich als „Hausaufgabe“, genauer aufzuschreiben, was mir im Moment die größten Probleme bereitet bzw. was mein Leben gerade am stärksten beeinflußt.

Als Schreibhilfe bekam ich den folgenden Ansatz: „Wenn mir eine gute Fee drei Wünsche gewähren würde, dann...“

Das ist natürlich gut, um mit dem Aufschreiben in Gang zu kommen, aber bei jemandem wie mir stellen sich da ein paar Probleme:
  • Die ersten beiden Punkte kriegen automatisch die Form „Ich wünsche mir X, und zwar gemäß den Spezifikationen in Anhang A“. Und Anhang A ist dann mehrere Seiten lang und seeeehr technisch und besteht fast nur aus Skizzen und Tabellen.
  • Beim dritten Punkt kommt mir dann mein Hintergrundwissen über Feenmärchen in den Weg. (Zu irgendwas müssen die ganzen Folkloristikscheine, die ich damals an der Uni gemacht habe und die nicht das Geringste mit meinem Haupt- oder Nebenfach zu tun hatten, ja gut sein.) Speziell: das Wissen, daß der dritte Wunsch immer derjenige ist, mit dem die ersten beiden (wegen unerwünschter Nebenwirkungen) wieder rückgängig gemacht werden. >;-)
Mit anderen Worten: Ich komme und komme einfach nur auf zwei Wünsche. Naja gut, immerhin ist einer davon ein ziemlich großer. Aber für den dritten fallen mir bis jetzt nur so Allgemeinplätze wie „Frieden auf Erden“ oder „Abschaffung aller sozialen Ungerechtigkeiten“ ein. Oder so blödsinnige Sachen, die mir eigentlich mit keinem meiner Probleme helfen würden und die ich sowieso nicht so dringend brauche und die ich mir (zumindest teilweise) auch ohne die Hilfe einer guten Fee besorgen könnte – solche Sachen wie „ein neues Fahrrad“ oder „alle fünf Staffeln von ‚Daria‘ auf DVD“.

Naja, vielleicht fällt mir ja noch was Ordentliches ein... Oder sollte ich mich lieber freuen, daß sich meine derzeitigen Probleme auf zwei Punkte reduzieren lassen?

Außerdem habe ich morgen einen Termin bei meinem Psychiater.

Der sitzt jetzt in einer neuen Praxis, die ganz woanders ist als die alte. Am Telefon hat er mir lang und breit erklärt, wie man da hinkommt. Mit der Bahn, mit dem Bus, mit dem Auto... Hörte sich ziemlich kompliziert an. Laut Stadtplan liegt das Haus allerdings fast direkt am Bahnhof, also glaube ich, ich mache es mir einfach und nehme den Vorortzug.

Außerdem ist da in der Nähe angeblich ein Park, also werde ich, falls das Wetter brauchbar ist, den Fotoapparat mitnehmen...

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Donnerstag, 11. November 2010
Regentag
Themen: Finnland
Nun gut, so drückt’s der Wetterbericht aus. In Wirklichkeit dripst’s nur so ein bißchen. Aber immerhin. ;-)

[Bild: Regentropfen auf Blatt]

[Bild: Regentropfen auf Blatt]

Unser Hausmeister arbeitet fleißig daran, uns den Spätherbst nicht gar so dunkel werden zu lassen. Plötzlich sind bei uns vorm Haus in den Beeten diese Dinger hier aufgetaucht:

[Bild: Heidekraut]

Ansonsten ist der November ja der einzige Teil des finnischen Winters, der mir ganz und gar nicht gefällt. Meine Bekannten und Verwandten im Süden (= Deutschland, Schweiz, Österreich) fragen ja manchmal, wie ich „die langen, dunklen finnischen Winter“ überstehe. Eigentlich ist der Winter an sich ja schön, sage ich dann; sehr hübscher Schnee usw. usf. Und die Häuser sind so gut isoliert, daß es drinnen immer angenehm warm ist, ohne daß einem gleich die Heizkosten über den Kopf wachsen.

Und von wegen dunkel: Sobald Schnee liegt, reflektiert der ja alles Licht, was es so gibt (und wenn man nicht gerade auf dem platten Land wohnt, wo der nächste Nachbar mehrere Kilometer von einem entfernt wohnt, ist das eine ganze Menge), und dann wird es eigentlich gar nicht richtig dunkel. Jedenfalls nicht, solange irgendwo die Straßenbeleuchtung an ist. ;-)

Nur der November, der ist nicht so toll. Um diese Jahreszeit wird es zwar schon früh dunkel (und morgens spät hell), aber es liegt noch kein Schnee, so daß es einfach nur dunkel ist... :-(

Nachtrag: Ach ja, der Schnee. Immerhin gibt’s schon Bilder davon. Als ich vor ein paar Tagen Briefmarken kaufen ging, hatten sie gerade diese hier:

[Bild: finnische Briefmarke mit Schneeflockenmotiv]

Natürlich mußte ich mir gleich ein paar davon kaufen... Lustigerweise bekam ich gestern eine Karte, auf der ebenfalls diese Briefmarke klebte.

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