Freitag, 20. Mai 2011
IVLIA CLASSICA
Themen: Postcrossing, Sprachen
Gestern habe ich eine Postcrossing-Karte auf latein geschrieben. Ganz allein. Ich. Auf latein.

Mannomann, bin ich stolz. :-D

Ich habe zwar irgendwo noch ein (nach über 20 Jahren recht angestaubtes) Großes Latinum herumliegen, aber in den letzten, naja, halt über 20 Jahren habe ich meine diesbezüglichen Sprachkenntnisse nur sehr sporadisch einsetzen können, und eigentlich immer nur passiv.

Aber jetzt habe ich eine ganze Postkarte geschrieben! Ich! Ganz allein! :-)

Ich habe mich entschlossen, den Text hier online zu stellen, damit alle, deren Latein weniger eingerostet ist als meins, mal etwas zu lachen haben. ;-) Und damit ich selber, falls ich irgendwann in der Zukunft mal besser Latein kann als jetzt, sehen kann, was ich für tolle Fortschritte gemacht habe (haben werde).

Immerhin habe ich bei der ganzen Aktion gemerkt, daß ich in punkto Grammatik noch ziemlich fit bin... daher ein kleiner Hinweis, bevor jemand über irgendeine Verbform lacht: Mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich nicht um einen Fehler, sondern um einen Konjunktiv. :-)
Vantaniae, a. d. XII Kal. Iun., a. D. MMXI

Salve!

Quam iucundum est scribere Latine denuo; anno XXII post scholam confectam!

Sumus quodam modo vicinae; Saraviponte nata sum. Habito autem iam diu in Finnia meridionale, in oppido Vantaniae prope Helsingiam. In tabula vides duas rationes, quamobrem vita Finnica mihi placeat: hiemes pulcherrimae nivosae atque dies aestivae ad marem vel ad litum alicuius plurimorum lacuum.

Nunc, sero vere, florent tulipani et in horto domus nostrae ludunt sciuri. Mense Iunio florescet syringa, flos dilectissimus meus (in nota postalica depictus)...

[Unterschrift]
(Jaja, quamobrem statt quare ist pure Angabe. „Schaut her, ich habe ein großes Wörterbuch.“ So vertreibt man sich die Zeit als arbeitslose krankgeschriebene Sprachwissenschaftlerin...)

Die Karte ging nach Kaiserslautern, daher „beinahe Nachbarn“.

Daß lacus der u-Deklination folgt, war eine Überraschung. Ich hatte das Wort nachgeschlagen, weil ich sicher sein wollte, daß es wirklich lacus, laci heißt und nicht etwa so etwas Abstruses wie lacus, lacoris oder so. Und was mußte ich feststellen? Es ist noch abstruser, nämlich lacus, lacui. :-o

Daß flos ein Maskulinum ist, hat mich auch etwas kalt erwischt. :-}

Wieder was gelernt.

Außerdem weiß ich jetzt dank Vicipædia außer Vantania (Vantaa) und Helsingia (Helsinki) auch noch ein paar andere finnische Ortsnamen auf latein. <freu>

Auf der Karte ist, wie im Text angedeutet, Finnland im Wandel der Jahreszeiten zu sehen:

[Bild: historische Tourismuswerbung für Finnland, aus dem Jahr 1948]

... es handelt sich um ein altes Werbeplakat aus dem Jahre 1948, aber im großen und ganzen stimmt’s noch. Und die Briefmarke zeigt tatsächlich Fliederblüten:

[Bild: Briefmarke mit blühendem Flieder]

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Mittwoch, 22. September 2010
Linguistisch kreuzkontaminiert
Themen: Postcrossing, Sprachen
Eben habe ich meine allerzweite Postcrossing-Karte auf russisch geschrieben. Das ging jetzt schon etwas schneller als beim ersten Mal. :-)

Dabei ist mir klargeworden, daß ich, wenn ich in einer Fremdsprache mit dem Satzbau irgendwie nicht mehr weiterkomme, automatisch versuche, da etwas mit Verbaladjektiven (Partizipien) und -substantiven zu machen. Ob das in der betreffenden Sprache nun sinnvoll ist oder nicht. (Im Russischen ist es nicht sinnvoll, jedenfalls nicht in dem Satz, den ich zu schreiben versuchte. Partizipien haben die Russen zwar reichlich, aber zum Thema Verbalsubstantive – was ich eigentlich gebraucht bzw. gewollt hätte – schwieg sich meine Grammatik beharrlich aus.)

<seufz> Das kommt davon, wenn man soviel Finnisch redet... Im Finnischen hat jedes Verb nämlich nicht nur einen einzigen Infinitiv, sondern vier (Verbalsubstantive), und außerdem noch fünf Partizipien (Verbaladjektive). Nehmen wir als Beispiel mal kirjoittaa „schreiben“:
  • Infinitiv 1: kirjoittaa „schreiben“ (z. B. haluan kirjoittaa „ich will schreiben“)
  • Infinitiv 2: kirjoittae- „beim Schreiben“, „nach dem Schreiben“, „durch das Schreiben“ usw., je nach Flexionsendung (z. B. kirjoittaessani „während ich schreibe/schrieb“)
  • Infinitiv 3: kirjoittama- „beim Schreiben“, „durch das Schreiben“ usw., je nach Flexionsendung (z. B. olin kirjoittamassa „ich war am Schreiben“)
  • Infinitiv 4: kirjoittaminen „das Schreiben“ (z. B. kirjoittaminen on helppoa „Schreiben ist einfach“, vihaan kirjoittamista „ich hasse es, zu schreiben“)
  • Partizip Präsens Aktiv: kirjoittava „schreibend“ (z. B. kirjoittava koululainen „der schreibende Schüler“)
  • Partizip Präsens Passiv: kirjoitettava, eigentlich „geschrieben werdend“, meist aber „zu schreibend“ (z. B. kirjoitettava teksti „der zu schreibende Text“)
  • Partizip Perfekt Aktiv: kirjoittanut „geschrieben habend“ (z. B. olen kirjoittanut romaanin „ich habe einen Roman geschrieben“)
  • Partizip Perfekt Passiv: kirjoitettu „geschrieben“ (z. B. se on kirjoitettu „es steht geschrieben“, kirjoitettu sana „das geschriebene Wort“)
  • Agenspartizip: kirjoittama „(von jemandem) geschrieben“ (z. B. minun kirjoittama teksti „der von mir geschriebene Text“)
(Dann gibt es noch ein paar weitere, die ich allerdings nur aus der Fachliteratur kenne. In freier Wildbahn sind mir bis jetzt nur die in der Liste begegnet. Aber das sind ja eigentlich auch schon genug für so ziemlich alle Lebens- bzw. Grammatiklagen...)

Ich glaube, ich sollte froh sein, daß es nicht auch noch wie im Lateinischen einen Infinitiv der Vergangenheit oder der Zukunft oder einen Infinitiv Passiv gibt... wer weiß, was für seltsame Sachen ich dann in anderen Sprachen versuchen würde...

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Freitag, 10. September 2010
Juhu, ich kann Russisch!
Themen: Postcrossing, Sprachen
Neulich habe ich ja eine Postkarte auf russisch geschrieben. Und mir Sorgen gemacht, ob meine vagen Erinnerungen an mein Schulrussisch ausreichten, um mehr als nur „Hallo, ich bin die Julia und ich-dummes-Ausländer-nix-sprechen-Russisch“ auszudrücken.

Bei Postcrossing gibt es eine Funktion, mit der man, wenn man eine erhaltene Karte registriert, gleich einen Kommentar an den Absender schicken kann.

Und was schrieb mir die Russin eben? Sie habe sich über die schöne Karte gefreut und es sei schön gewesen, von (Zitat) einer Korrespondentin mit so guten Russischkenntnissen überrascht zu werden (Zitat Ende).

Jetzt schwebe ich auf Wolken. :-)

(Und überlege, ob ich meine Russischkenntnisse in meinem offiziellen Lebenslauf vielleicht doch wieder von „basic“ auf „intermediate“ upgraden sollte...)

Naja gut, ich habe für den relativ kurzen Text auf der Postkarte – ich bin Julia, ich komme aus Deutschland und wohne in Finnland, ich habe irgendwann vor Ewigkeiten mal Russisch gelernt und leider viel vergessen, hier ist gerade Herbst, und dann noch eine Übersetzung des (finnischen) Spruches auf der Karte – ja auch lange genug gebraucht...

Schön zu wissen, daß ich mir meinen halben Sonntagnachmittag nicht vergebens mit dem Wörterbuch und der Grammatik um die Ohren geschlagen habe. Und daß meine kyrillische Handschrift tatsächlich nicht nur für mich lesbar ist.

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Sonntag, 29. August 2010
Korrespondenz in alle Welt
Themen: Postcrossing, Sprachen
Ich kriege von Postcrossing dermaßen oft Leute in den Niederlanden zugeteilt, daß ich mir allen Ernstes überlege, mein Niederländisch ein wenig aufzupolieren. Dann könnte ich wenigstens solche Sachen wie „Viele Grüße aus Finnland!“ schreiben.

Außerdem habe ich gestern aus der Datenbank eine Russin gezogen und heute in einem Anfall von Größenwahn die Karte an sie auf russisch geschrieben. Hoffentlich habe ich nicht mein ganzes Schulrussisch vergessen; es wäre peinlich, wenn sie vor lauter Grammatikfehlern nicht versteht, was ich ihr mitteilen will (was im Prinzip auf „Viele Grüße aus Finnland und ich glaube, ich habe mein ganzes Schulrussisch vergessen“ hinausläuft).

Immerhin bin ich noch so gut, daß ich für ein bißchen allgemeines Blabla im Sinne von „viele Grüße aus Finnland, ich hoffe, du kannst das hier trotz all der Grammatikfehler lesen“ kaum mehr als eine Stunde gebraucht habe. <stolzsei>

Aber ich bin doch froh, daß es in der Online-Wörterbuchsammlung von LEO seit dem Frühjahr auch ein russisches gibt...

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