Montag, 6. September 2010
Lob der Tagebuchbloggerei (mit Gratis-Beilage: Warum der Feminismus nicht mehr mein Lebensinhalt ist, obwohl er es mal war)
Themen: Neuro-Psycho, Computer, Männer und Frauen
sileas, 21:32h
Heute morgen wurde ich durch einen Eintrag bei Anne Roth darauf aufmerksam: Es gibt mal wieder Diskussionen in der Blogosphäre darüber, warum es angeblich so wenige weibliche Blogger gibt. Oder warum von den vielen weiblichen Bloggern, die es so gibt, so wenige wahrgenommen werden. Und dies und das und überhaupt und sowieso.
Als ich noch jünger war („früher war ich jung und hübsch, jetzt bin ich nur noch und“, oder wie war das), habe ich mich an solchen Diskussionen mit Freude beteiligt. Damals gab es allerdings noch keine Blogs. Und kein WWW. Das Internet gab’s schon, aber nur an Universitäten, und da auch nur bei den Informatikern und den E-Technikern (alle anderen Institute, und die Universitätsleitung natürlich sowieso, hielten diesen ganzen Kabelkram für Teufelszeug).
Also stellte sich die ganze Blog-Frage damals überhaupt nicht.
Und irgendwann seitdem habe ich für mich beschlossen, daß mir jetzt andere Sachen wichtiger sind als das Wie und Warum des Geschlechterkampfes. Sicherheitstechnik beispielsweise. (Wer dem Link folgen will: ganz runterscrollen, da gibt’s ein ganzes – übrigens sehr gutes – Buch zum Thema „Einführung in die Sicherheitstechnik“ als PDF runterzuladen. Ganz legal. Leider nur auf englisch, aber das ist ja schon mal was. Daß das Buch sehr gut ist, weiß ich, weil ich mir die (inzwischen herunterladbare) erste Ausgabe seinerzeit in Buchform gekauft und mit großer Begeisterung gelesen habe.)
Oder Linux-Evangelismus (lies: Julia läuft rum und quatscht alle, die nicht schnell genug weglaufen, bezüglich „Warum der Umstieg auf Linux auch dein Leben drastisch verbessern könnte“ zu und wirft denen, die weglaufen, selbstgebrannte Gratis-Ubuntu-Live-CDs hinterher).
Vor einigen Jahren habe ich nämlich die Persönlichkeitstests von Simon Baron-Cohen und seinem Team gemacht (EQ, SQ und AQ) und festgestellt, daß ich bzw. meine typischen Denk- und Verhaltensweisen viel weiter von denen der „typischen Frau“ und denen des „typischen Mannes“ entfernt sind als diese beiden voneinander. Daraufhin beschloß ich, daß Geschlechtsrollenunterschiede und -erwartungen zu den Sachen gehören, die nur anderen Leuten passieren, und das alles mit mir jedenfalls nichts zu tun hat. ;-)
Jetzt darf ich mich ganz legitim um andere Sachen kümmern.
Und es ist mir auch nicht mehr peinlich, im Bücherregal „Kochen mit dem Römertopf“ und „1000 neue Kreuzstichvorlagen“ direkt neben „Programmierung mathematischer Anwendungen in Emacs-LISP“ und „PPP richtig konfigurieren“ stehen zu haben. Oder im Kino bei einem Actionfilm mit tollen Effekten die einzige Frau zu sein, die nicht ganz offensichtlich die weibliche Hälfte eines Paares ist, wo diese Woche der Mann an der Reihe war, den Film auszusuchen. Oder umgekehrt „Emanze“ zu sein (ja, bin ich trotz allem) und mich trotzdem für so „eklig weibliche“ Sachen wie Kochen und Handarbeiten zu interessieren. Geschlechterrollen? Hab ich nicht, brauch ich nicht. Aaaah, FREIHEIT. Ich muß mich nicht mit „was bedeutet es heutzutage, eine Frau zu sein, und bin ich eine gute?“-Themen herumschlagen, bloß weil ich zufällig biologisch weiblich und politisch interessiert bin, wenn ich mich mit diesen Themen nicht unbedingt herumschlagen will.
Aber zurück zu den fehlenden oder verborgenen Bloggerinnen. :-)
Eine der Theorien, warum weibliche Blogger nicht so sichtbar sind wie männliche, ist: Männer schreiben über „wichtige“ Themen (Gänsefüßchen deshalb, weil das nicht unbedingt automatisch Themen sind, die objektiv wichtig sind, sondern vor allem Themen, die einfach nur von hinreichend vielen Leuten als wichtig empfunden werden, also teilweise auch völlig bescheuerte Themen, die zufällig gerade „in“ sind). Frauen dagegen schreiben Tagebuchblogs.
Oh Mist, dachte ich an dieser Stelle, reden die etwa von mir?
<unterm Schreibtisch versteck>
Anne hat eine Menge Zeitungsartikel und Blogeinträge zum Thema verlinkt, es lohnt sich also, dem Link da oben zu folgen. :-)
Unter einem dieser Links fand ich im Blog von Susanne Englmayer diesen schönen Eintrag, der mein Weltbild wieder geraderückte und meine Stimmung drastisch verbesserte und der in etwa auf Folgendes hinausläuft: Frauen schreiben Tagebuchblogs. Na und? Da geht’s wenigstens um das wahre Leben und nicht um solche Scheinprobleme wie das ständige Gerangel um die vorderen Plätze in den Blogger-A-Lists usw. usf.
Jetzt fühle ich mich rehabilitiert. Denn schließlich schreibe ich eins von diesen unglaublich wichtigen Tagebuchblogs und nicht etwa, wie zuerst gedacht, eins von diesen blödsinnigen und total irrelevanten Tagebuchblogs. ;-)
Danke, Susanne. :-D. . .
Noch etwas: In der Diskussion tauchte außerdem die Frage auf, warum Frauen (bzw. konkret Bloggerinnen) (angeblich) glauben, nichts zu sagen zu haben.
Hmmtja, ich glaube schon, etwas zu sagen zu haben. Sonst würde ich’s ja nicht tun. Oder?
Die eigentliche Intention des Fragestellers war anscheinend eher etwas in der Art von „Warum schreiben Frauen nicht über ‚wichtige‘ Themen (in Gänsefüßchen, siehe oben) bzw. trauen sich das nicht?“ Da kann ich natürlich nicht für alle Frauen sprechen, aber ich persönlich schreibe kein dediziertes Politik- oder Technik- oder sonstwie „relevantes“ Blog, weil mir das einfach viel zuviel Arbeit wäre. Da müßte ich ja ständig irgendwelchem Kram hinterherrecherchieren. Und das ist etwas, was man als technische Redakteurin nicht auch noch in seiner Freizeit tun will. Jedenfalls nicht mehr als unbedingt nötig, und auch dann am liebsten nur, wenn es mir zufällig gerade Spaß macht. Mein Blog ist mein Hobby und nicht meine Arbeit. Außerdem könnte ich in einem dedizierten <irgendein Thema>-Blog über viele Sachen, die mich interessieren, nicht schreiben, weil sie einfach nicht zum Thema gehören. Und das fände ich schade. Wie gesagt: Hobby, nicht Arbeit, siehe oben.
Mit „trauen“ hat das nichts zu tun. Zumindest nicht in meinem Fall.
Aber dank Susanne kann ich mich jetzt ja auch als Tagebuch-Bloggerin wichtig und relevant fühlen. :-D
Als ich noch jünger war („früher war ich jung und hübsch, jetzt bin ich nur noch und“, oder wie war das), habe ich mich an solchen Diskussionen mit Freude beteiligt. Damals gab es allerdings noch keine Blogs. Und kein WWW. Das Internet gab’s schon, aber nur an Universitäten, und da auch nur bei den Informatikern und den E-Technikern (alle anderen Institute, und die Universitätsleitung natürlich sowieso, hielten diesen ganzen Kabelkram für Teufelszeug).
Also stellte sich die ganze Blog-Frage damals überhaupt nicht.
Und irgendwann seitdem habe ich für mich beschlossen, daß mir jetzt andere Sachen wichtiger sind als das Wie und Warum des Geschlechterkampfes. Sicherheitstechnik beispielsweise. (Wer dem Link folgen will: ganz runterscrollen, da gibt’s ein ganzes – übrigens sehr gutes – Buch zum Thema „Einführung in die Sicherheitstechnik“ als PDF runterzuladen. Ganz legal. Leider nur auf englisch, aber das ist ja schon mal was. Daß das Buch sehr gut ist, weiß ich, weil ich mir die (inzwischen herunterladbare) erste Ausgabe seinerzeit in Buchform gekauft und mit großer Begeisterung gelesen habe.)
Oder Linux-Evangelismus (lies: Julia läuft rum und quatscht alle, die nicht schnell genug weglaufen, bezüglich „Warum der Umstieg auf Linux auch dein Leben drastisch verbessern könnte“ zu und wirft denen, die weglaufen, selbstgebrannte Gratis-Ubuntu-Live-CDs hinterher).
Vor einigen Jahren habe ich nämlich die Persönlichkeitstests von Simon Baron-Cohen und seinem Team gemacht (EQ, SQ und AQ) und festgestellt, daß ich bzw. meine typischen Denk- und Verhaltensweisen viel weiter von denen der „typischen Frau“ und denen des „typischen Mannes“ entfernt sind als diese beiden voneinander. Daraufhin beschloß ich, daß Geschlechtsrollenunterschiede und -erwartungen zu den Sachen gehören, die nur anderen Leuten passieren, und das alles mit mir jedenfalls nichts zu tun hat. ;-)
Jetzt darf ich mich ganz legitim um andere Sachen kümmern.
Und es ist mir auch nicht mehr peinlich, im Bücherregal „Kochen mit dem Römertopf“ und „1000 neue Kreuzstichvorlagen“ direkt neben „Programmierung mathematischer Anwendungen in Emacs-LISP“ und „PPP richtig konfigurieren“ stehen zu haben. Oder im Kino bei einem Actionfilm mit tollen Effekten die einzige Frau zu sein, die nicht ganz offensichtlich die weibliche Hälfte eines Paares ist, wo diese Woche der Mann an der Reihe war, den Film auszusuchen. Oder umgekehrt „Emanze“ zu sein (ja, bin ich trotz allem) und mich trotzdem für so „eklig weibliche“ Sachen wie Kochen und Handarbeiten zu interessieren. Geschlechterrollen? Hab ich nicht, brauch ich nicht. Aaaah, FREIHEIT. Ich muß mich nicht mit „was bedeutet es heutzutage, eine Frau zu sein, und bin ich eine gute?“-Themen herumschlagen, bloß weil ich zufällig biologisch weiblich und politisch interessiert bin, wenn ich mich mit diesen Themen nicht unbedingt herumschlagen will.
Aber zurück zu den fehlenden oder verborgenen Bloggerinnen. :-)
Eine der Theorien, warum weibliche Blogger nicht so sichtbar sind wie männliche, ist: Männer schreiben über „wichtige“ Themen (Gänsefüßchen deshalb, weil das nicht unbedingt automatisch Themen sind, die objektiv wichtig sind, sondern vor allem Themen, die einfach nur von hinreichend vielen Leuten als wichtig empfunden werden, also teilweise auch völlig bescheuerte Themen, die zufällig gerade „in“ sind). Frauen dagegen schreiben Tagebuchblogs.
Oh Mist, dachte ich an dieser Stelle, reden die etwa von mir?
<unterm Schreibtisch versteck>
Anne hat eine Menge Zeitungsartikel und Blogeinträge zum Thema verlinkt, es lohnt sich also, dem Link da oben zu folgen. :-)
Unter einem dieser Links fand ich im Blog von Susanne Englmayer diesen schönen Eintrag, der mein Weltbild wieder geraderückte und meine Stimmung drastisch verbesserte und der in etwa auf Folgendes hinausläuft: Frauen schreiben Tagebuchblogs. Na und? Da geht’s wenigstens um das wahre Leben und nicht um solche Scheinprobleme wie das ständige Gerangel um die vorderen Plätze in den Blogger-A-Lists usw. usf.
Jetzt fühle ich mich rehabilitiert. Denn schließlich schreibe ich eins von diesen unglaublich wichtigen Tagebuchblogs und nicht etwa, wie zuerst gedacht, eins von diesen blödsinnigen und total irrelevanten Tagebuchblogs. ;-)
Danke, Susanne. :-D
Hmmtja, ich glaube schon, etwas zu sagen zu haben. Sonst würde ich’s ja nicht tun. Oder?
Die eigentliche Intention des Fragestellers war anscheinend eher etwas in der Art von „Warum schreiben Frauen nicht über ‚wichtige‘ Themen (in Gänsefüßchen, siehe oben) bzw. trauen sich das nicht?“ Da kann ich natürlich nicht für alle Frauen sprechen, aber ich persönlich schreibe kein dediziertes Politik- oder Technik- oder sonstwie „relevantes“ Blog, weil mir das einfach viel zuviel Arbeit wäre. Da müßte ich ja ständig irgendwelchem Kram hinterherrecherchieren. Und das ist etwas, was man als technische Redakteurin nicht auch noch in seiner Freizeit tun will. Jedenfalls nicht mehr als unbedingt nötig, und auch dann am liebsten nur, wenn es mir zufällig gerade Spaß macht. Mein Blog ist mein Hobby und nicht meine Arbeit. Außerdem könnte ich in einem dedizierten <irgendein Thema>-Blog über viele Sachen, die mich interessieren, nicht schreiben, weil sie einfach nicht zum Thema gehören. Und das fände ich schade. Wie gesagt: Hobby, nicht Arbeit, siehe oben.
Mit „trauen“ hat das nichts zu tun. Zumindest nicht in meinem Fall.
Aber dank Susanne kann ich mich jetzt ja auch als Tagebuch-Bloggerin wichtig und relevant fühlen. :-D