Samstag, 27. Dezember 2008
Burnout
Themen: Neuro-Psycho
Als der Arzt mich krankschreiben wollte, habe ich zuerst protestiert. So krank fühlte ich mich ja gar nicht. Jedenfalls nicht krank genug, um gleich für (fast) einen ganzen Monat krankgeschrieben zu sein.

Er hat sich dann aber durchgesetzt.

Langsam wird mir auch selber klar, daß ich kurz vorm Burnout stand... Vor vielen Jahren ist einer Freundin von einer Freundin von mir mal das Folgende passiert: Sie war sowohl im Beruf als auch im Privatleben wahnsinnig gestreßt, bekam das aber (vor lauter Streß, nehme ich an) gar nicht selber mit. Glücklicherweise fiel es aber irgendwann einem Kollegen auf, daß sie schon seit einiger Zeit morgens 20 Minuten früher ins Büro kam als sonst. Darauf angesprochen, erklärte sie, daß sie gemerkt hatte, daß sie morgens die ersten 20 Minuten im Büro weinend auf dem Klo verbracht hatte, und die „logische“ Konsequenz, die sie daraus gezogen hatte, war, diese 20 Wein-Minuten einfach fest einzuplanen, damit ihre Arbeit nicht darunter litte. Woraufhin der Kollege sie schnurstracks zum nächstgelegenen Arzt schleifte, der besagten Burnout diagnostizierte.

So schlimm war’s bei mir zum Glück nicht.

Allerdings habe ich in der letzten Woche mehrere Ladungen Wäsche gewaschen. Das klingt zwar zuerst einmal nicht nach etwas Besonderem... bis mir klar wurde, daß ich seit über einem Jahr schon meine Wäsche im Handwaschbecken bzw. in der Badewanne erledigt hatte, weil mich die übliche Prozedur:
  1. Waschküche reservieren
  2. reservierten Termin nicht vergessen
  3. reservierten Termin einhalten
  4. getrocknete Wäsche aus dem Trockenkeller holen
ganz einfach überfordert hatte.

(Für Nicht-Skandinavier: In Mehrfamilienhäsern befinden sich hierzulande üblicherweise im Keller diverse Funktionsräume, unter anderem eine Waschküche und ein Trockenkeller (mit Gebläse). Natürlich kann man auch in der eigenen Wohnung eine Waschmaschine haben, aber in meiner Einzimmerwohnung ist für sowas echt kein Platz. – Die Waschmaschinen kann man einzeln vorbuchen, und den Termin sollte man auch einhalten, denn sonst kann irgendein dahergelaufener Nachbar die Gunst der Stunde (und die leerstehenden Waschmaschinen) nutzen; und für den Trockenkeller gibt es Regeln, wie lange man seine Sachen dort hängen lassen darf (je nach Tageszeit mehr oder weniger Stunden, und nur wenn man nach 17 Uhr wäscht, darf man seine Wäsche über Nacht hängen lassen).)

Und genau an dieser Stelle setzte der Streß ein. Ich mußte
  1. mir einen noch freien Termin aussuchen, der in meinen Zeitplan paßte (also: früh genug, um die Wäsche noch am Abend trockenzukriegen, denn zum Wäscheabholen morgens vor der Arbeit habe ich echt keine Lust; andererseits aber auch spät genug, um von der Arbeit nicht direkt zur Waschküche hetzen zu müssen);
  2. den so reservierten Termin nicht vergessen, sondern in meinen Tagesplaner eintragen (lacht nicht, genau an dieser Stelle stellt mir mein ADHS gerne ein Bein, und es ist kaum zu glauben, wieviel man in der kurzen Zeit, die man braucht, um vom Keller zum zweiten Stock zu kommen, vergessen kann);
  3. zeitig gewisse Vorbereitungen treffen (habe ich noch genügend Waschpulver? habe ich genügend passendes Kleingeld für die münzbetriebenen Waschmaschinen? welche Kleidungsstücke will ich überhaupt waschen?);
  4. meine zum Trocknen aufgehängte Wäsche (aus den Augen, aus dem Sinn, nicht wahr?) ab und zu zu überprüfen und sie, sobald sie trocken ist, wegräumen.
Hiiiiiiiilfe!

Sieht ganz so aus, als ob es in mir schon lange gebrodelt hätte und der Tod meiner Mutter „nur“ der sprichwörtliche Tropfen war, der das Faß zum Überlaufen brachte.

Aber jetzt kriege ich (hoffentlich) endlich die richtigen Medikamente in der richtigen Kombination und Dosierung. Und ich fühle mich schon etwas besser...

ObLinguistik: Auf finnisch heiß Burnout „uupumus“. Das ist eins meiner Lieblingswörter – nicht, weil Burnout so ein schönes Konzept ist (ist es nämlich nicht), sondern weil das Wort irgendwie schon durch seinen Klang („uuuuuuuff...“) auch auf seine Bedeutung hinweist. Ein anderes derartiges Wort ist „flunssa“, das finnische Wort für einen grippalen Infekt. Da kann man so richtig die verstopfte Nase und die erhöhte Körpertemperatur raushören...