Mittwoch, 8. September 2010
Fontgasmus
Themen: Typographie
Nein, ich verspreche: Trotz des etwas gewagten Titels ist dieser Eintrag vollkommen jugendfrei. Ich wollte nur irgendwie zum Ausdruck bringen, daß aus meiner Wohnung in den letzten beiden Tagen bisweilen Geräusche drangen, die andere Leute meist beim Sex machen (bei sehr gutem Sex), während es bei mir nicht so sehr an meinem tollen Liebesleben lag (Liebesleben? Ich? <umguck>), sondern daran, daß ich mich mit Fonts und Typographie befaßte. Mit schönen Fonts und eleganter Typographie.

Und zwar habe ich mal wieder an der Homepage gebastelt. Nicht hier – ich rede von der „richtige“ Homepage, der mit meinem vollständigen Namen drauf, wo man meinen Lebenslauf runterladen kann und so.

Letzte Woche hatte ich mich schon einen Nachmittag lang damit amüsiert, ein hübsches Banner zu basteln (der Name „Julia“ in allen Größen, Formen, Farben – und Schriften; als Sprachwissenschaftlerin stellt man da ja gewisse Ansprüche an sich selbst, hat aber auch eine Menge Inspiration, um die zu befriedigen).

Am Wochenende habe ich dann dank Fefes Podcastseite (bzw. dank des Blicks, den ich in das dortige Stylesheet warf) gelernt, wie man seinen Lieblingsfont per Stylesheet in eine Webpage einbaut, ohne sich darauf verlassen zu müssen, daß der Leser ebenfalls genau diesen Font auf seinem eigenen Rechner hat. (Das war der Punkt, der mich bis jetzt immer davon abgehalten hatte, meinen Lesern per Stylesheet irgendwelche Fonts „aufzuzwingen“; meine Lieblingsfonts hat so gut wie niemand. Aber jetzt weiß ich ja, wie man sowas hinkriegt, ohne daß der Leser diesen bestimmten Font zufällig selber auch hat.)

Aber das habe ich ja neulich schon mal erwähnt.

Und dann habe ich die letzten beiden Tage damit verbracht, in Fonts zu stöbern. Wenn man wie ich auf seinem Linux-System alles installiert hat, was es bei Debian gibt und was irgendwie nach Font aussieht, kann das dauern... Aber am Ende traf ich dann die folgende Wahl:
  • Als Brotschrift habe ich jetzt „Goudy Bookletter 1911“, einen Klon der Kennerley von F. W. Goudy. Der ist ja immer noch mein absolut liebster Lieblings-Designer. Aber ich habe diese Schrift nicht nur deshalb gewählt, weil ich auf dem Standpunkt stehe, daß man, wenn man die Wahl zwischen einer Goudy und einer anderen Schrift hat, mit der Goudy meist richtig fährt; sondern auch, weil ich – wie Fefe in seinem Blog auch über sich selbst schreibt – total auf Schriften mit Mediävalziffern stehe. Mediävalziffern ROCKEN.
  • Als Kursive zur Brotschrift verwende ich Anaktoria, eine der Schriften für Altphilologen und Altorientalisten von George Douros. Das ist nötig, weil die sogenannte „Kursive“, die bei Goudy Bookletter 1911 dabei ist, gar keine Kursive ist, sondern anscheinend die kursivierte Version der Grundschrift. Igittibäh. FWG hat sich gerade im Grabe herumgedreht. – Anaktoria sieht ganz anders aus als Bookletter bzw. Kennerley (oder eine Kursive davon), aber irgendwie paßt sie durch ihren ganz eigenen Stil sehr gut zu ihr – vermutlich unter anderem deshalb, weil sie wie viele Goudy-Schriften lange Oberlängen und verhältnismäßig kurze Unterlängen hat. Unter den handelsüblichen Kursiven fällt Anaktoria unter anderem dadurch auf, daß sie nur die Kleinbuchstaben kursiv setzt; die Großbuchstaben bleiben aufrecht. Als Fan historischer Typographie meine ich: so soll es sein.
  • Für die Sachen, die mit einer nichtproportionalen Schrift gesetzt werden müssen, verwende ich FreeMono, eine der Schriften aus dem GNU-Freefont-Projekt, weil die so richtig schön nach Schreibmaschinenschrift aussieht. Also genau das Richtige für Sachen wie Kommandozeileneingabebeispiele, ASCII-Kunst und dergleichen. :-)
  • Leider deckt die Bookletter nicht den ganzen Unicode-Raum (bzw. den Lateinschrift-Teil des Unicode-Raumes) ab; nicht einmal den relativ kleinen Ausschnitt, den ich daraus brauche. (Da sind außer den „normalen“ Buchstaben auch noch sämtliche Buchstaben mit mehr oder weniger verrückten Akzenten und Diakritika drin sowie das phonetische Alphabet.) Also verwende ich für so exotischen Knoddelkram wie phonetische Umschriften die Liberation Serif von Steve Matteson. Die fügt sich einerseits relativ harmonisch in eine mit Goudy Bookletter 1911 gesetzte Zeile ein und sticht andererseits doch ein wenig hervor und sagt dem Leser dann beispielsweise: huch, jetzt kommt etwas Phonetisches, paß mal auf. ;-)
Und dann habe ich noch ein bißchen mit CSS gespielt und mir endlich mal eine vernünftige Textbreite und so definiert.

Und dann hat mich der Hafer gestochen und ich bin den gesamten Text durchgegangen und habe viele (aber nicht alle) „und“ durch „&“ ersetzt. Weil Goudy in seinen Schriften ja immer so schöne kaufmännische Und-Zeichen hat. Das in der Bookletter ist richtig schön verschnörkelt, das verwendet man gern...

Hach, jetzt ist die Seite richtig hübsch anzusehen. :-)

Und ich bin stolz auf meine Typographie- und (neugewonnenen bzw. neuerweiterten) CSS-Kenntnisse.

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Montag, 6. September 2010
Vollkornschrift
Themen: Typographie
Als Font-Fan muß ich jetzt natürlich etwas über Alternativlos sagen, den Podcast (oder wie sie es nennen: die Netzbeschallung) von Fefe von Leitner und Frank Rieger.

Da gucke ich einmal die Woche rein, um zu sehen, ob es einen neuen Podcast gibt. Gab es diesmal nicht (den neuesten hatte ich schon). Dafür erschien alles auf einmal optisch viel... äh, anders als letzte Woche.

Sie benutzen jetzt nämlich einen neuen Font! Und zwar Vollkorn von Friedrich Althausen.

Wie sich herausstellt, fiel die Wahl unter anderem deshalb ausgerechnet auf diesen Font, weil Fefe genau wie ich Fan von Minuskelziffern ist. (Ich habe mir seinerzeit ja extra ein neues LaTeX-Paket installiert, damit ich ohne große Verrenkungen Minuskelziffern in meinem Lebenslauf verwenden konnte... Das ist ja eine Textsorte, in der naturgemäß ein gewisses Maß an Zahlen vorkommt: Jahreszahlen, Kontaktinformationen (von mir und von meinen Referenzen) mit Telefonnummern und/oder Postleitzahlen... Ich benutze allerdings nicht Vollkorn, sondern einen anderen Font. Sieht aber auch ausgesprochen hübsch aus, nicht nur wegen der Minuskelziffern, sondern auch wegen des großen Q, dessen „Schweif“ sich (dank desselben LaTeX-Pakets) bis unter den Folgebuchstaben streckt. Aber ich schweife ab.)

Mein erster Gedanke war ja: Na sowas, die benutzen jetzt also Vollkorn im Stylesheet und ich habe das installiert. Wußte ich gar nicht. Muß wohl in irgendeinem Fontpaket dabeigewesen sein, das ich mir mal runtergeladen habe. (Auf diese Weise habe ich unter anderem auch den Font im Banner oben auf den Rechner bekommen, ohne ihn mir speziell ausgesucht zu haben.)

Dann habe ich mir das Stylesheet von Alternativlos mal genauer angesehen und weiß jetzt, daß man Fonts per CSS nicht nur dadurch einstellen kann, daß man irgendwo etwas in der Art von „font=Times New Roman, Roman, Serif“ (oder so, ich habe von Fonteinstellungen per Style bis jetzt aus Prinzip die Finger gelassen) hinschreibt, sondern man kann einen ganzen Font serverseitig vorhalten und per CSS in sein Layout einbinden und dann ist der Leser nicht mehr darauf angewiesen, diesen oder einen verwandten Font (wie in meinem Beispiel: „nimm Times New Roman; wenn du das nicht hast, nimm irgendeine Roman; wenn du keine hast, nimm den nächstbesten Font mit Serifen“) clientseitig installiert zu haben.

(Natürlich haben sie den Font aus Datenschutzgründen nicht über das Google-Web-API eingebunden, sondern haben tatsächlich auf ihrem Server ein Exemplar vorliegen, das zur Darstellung der Seite benutzt wird.)

Muß ich mir für meine Homepage merken. Da war bis jetzt der Hauptgrund, warum ich nicht an Fonts geschraubt habe, immer gewesen: „aber ich will meinen Lesern nicht vorschreiben, was für Fonts sie gefälligst installiert haben sollen!“ Aber jetzt, wo ich ein Beispiel gesehen habe, wie man sowas so einbindet, daß der Leser meinen Lieblingsfont nicht installiert zu haben braucht... <händereib>

Gut, jetzt muß ich für die Homepage also einen freien (z. B. frei wie Vollkorn, das unter einer Creative-Commons-Lizenz steht) Font finden, der mir erstens gefällt und der zweitens nicht nur die üblichen europäischen Buchstaben (A bis Z groß und klein sowie Vokale mit Akzenten und Umlautpunkten, das deutsche ß und ähnliche nützliche Sachen) enthält, sondern auch die ganzen komischen Knoddelzeichen, die ich für meine IPA-Umschriften brauche. Ich glaube, das wird eine Weile dauern...

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Donnerstag, 6. November 2008
Fonts im E-Postamt
Themen: Typographie
Neuerdings braucht man zur Inanspruchnahme bestimmter Dienste der finnischen Post einen NetPosti-Account.

Da ich vor ein paar Tagen einen dieser Dienste in Anspruch nehmen wollte (den man, nebenbei bemerkt, noch vor einem halben Jahr – da habe ich diesen Dienst zuletzt gebraucht – einfach im nächsten Postamt durch Ausfüllen eines Formulars und Barzahlung nutzen konnte), habe ich jetzt auch so einen Account. Hoffentlich kann ich mich beim nächsten Mal noch an meine Benutzerkennung erinnern; von den NetPosti-Diensten werde ich nämlich in absehbarer Zeit höchstens einen oder zwei nutzen, und auch die nur ein- oder zweimal im Jahr.

Bevor ich meinen Account bekam, mußte ich mich durch die üblichen Dokumente wühlen: AGB, Datenschutzrichtlinie, usw. usf. Die waren alle in Adobe Sans gesetzt; allerdings weiß ich nicht, ob ich die Schuld daran Itella in die Schuhe schieben sollte (weil die’s so formatiert haben) oder doch eher meinem Rechner (weil der Adobe Reader automatisch auf diesen Font zurückfällt, wenn er den eigentlich im PDF gemeinten Font nicht auf dem Rechner findet).

Aber ich will mich nicht beschweren, jedenfalls nicht allzusehr – Adobe Sans ist eine sehr hübsche Schrift. Vor allem das Kerning von Buchstaben wie j und y gefällt mir; da biegt sich die Unterlänge sehr elegant unter den vorangehenden Buchstaben.

Leider sehen gewisse Buchstaben in Adobe Sans denselben Buchstaben in Rotis Sans Serif sehr ähnlich, was meinen Lesefluß ziemlich störte: „Argh! Welcher Idiot benutzt ausgerechnet die Rotis Sans als Brotschrift? – Ach nein, doch nicht...“

Bevor jetzt jemand auf die falsche Idee kommt: Die Schriften der Rotis-Familie sind ja beileibe nicht häßlich, aber vor allem die Sans und die Semi Sans würde ich nicht für Fließtext empfehlen. Nun gut, die Semi Serif- und Serif-Varianten würde ich persönlich auch nicht unbedingt für längere Texte verwenden, aber zumindest würde ich mich nicht allzulaut über Leute beschweren, die dies tun...

Aber meine persönlichen Lieblingsschriften sind ja immer noch die von Fred Goudy, dem meines Wissens einzigen Typographen mit eigenem Fanclub (der leider keine Homepage zu haben scheint, sonst wäre hier jetzt ein Link). Wenn ich mal im Lotto gewinne oder so, werde ich mir zuallererst ein schönes Schriften-Portfolio zusammenkaufen und für den größten Teil meiner Texte vermutlich nur noch Deepdene verwenden. Oder Hadriano. Oder... hach, die sind einfach alle schön. :-)

Links in diesem Beitrag:

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