Montag, 5. Oktober 2009
Neues Hobby
Themen: Handarbeit
Vor einiger Zeit verabredete ich mich ungeschickterweise mit einer Bekannten in einem Café, das an eine Buchhandlung angeschlossen ist. Natürlich kam es, wie es kommen mußte, und ich kam mit mehreren neuen Büchern nach Hause.

Eins davon ist ein Leitfaden für Handarbeitslehrer. Genauer: eine Beschreibung von diversen Techniken zur Herstellung von Schnüren und Bändern und eine Empfehlung, in welcher Klassenstufe man den Kindern was davon zumuten kann. An finnischen Schulen ist Handwerk/Handarbeit nämlich ein reguläres Unterrichtsfach. Ich bin auf meine finnischen Bekannten ziemlich neidisch, weil die alle z. B. in einer bestimmten Klassenstufe einen Flickenteppich gewebt haben... (Falls jemand hier Finnisch (lesen) kann: Das Buch, das ich mir gekauft habe, heißt „Punapaula. Nauhojen ja nyörien valmistaminen“, die Autorin ist Anni Talaskivi, erschienen ist das Ganze 1985 bei Kunnallispaino in Vantaa und die ISBN ist 951-773-378-X.)

Vor einer Woche nahm ich dieses Buch endlich zur Hand und probierte eine mir bis dahin völlig unbekannte Technik namens Fingerloop (oder anscheinend auch „Nesteln“) aus. Diese entpuppte sich als erstaunlich einfach (zumindest die im Buch beschriebene Variante – inzwischen weiß ich, daß es noch andere mit mehr Fäden und/oder komplizierteren Verschlingungsmethoden gibt) und die Ergebnisse sind auch recht hübsch.

[Bild: Nestelschnüre braun]

Diese Schnüre habe ich aus relativ dickem Strickgarn geknüpft; sie sind jeweils ca. 5 bis 8 mm dick.

Wie man sehen kann, fusselt das Zeug ganz schön, aber das Endergebnis gefällt mir trotzdem. Auf jeden Fall sind die Schnüre schön kuschelig. ;-)

[Bild: Nestelschnüre verschiedenfarbig]

Die nächste Schnur habe ich aus dünnem Häkelgarn geknüpft. Zum Größenvergleich: Als Unterlage bzw. Hintergrund habe ich eine ganz normale Baumwoll-Einkaufstasche genommen.

[Bild: dünne Nestelschnur blau-weiß]

Hier kann man hoffentlich die Struktur der Schnur (wieder aus der dickeren Wolle) gut erkennen. Der Querschnitt ist vierkantig, und jede Seite sieht so ähnlich aus, als wäre sie geflochten.

[Bild: Nestelschnur bunt]

Fingerloop ist tatsächlich ein entfernter Verwandter des Flechtens, aber statt mit einfachen Strängen arbeitet man mit Schlingen. Auf (fast) jeden Finger kommt eine Schlinge, und dann steckt man einen freien Finger durch diverse Schlingen durch und nimmt eine Schlinge von einem anderen Finger ab, die man dann durch die ersten Schlingen durchzieht. Dadurch ergeben sich – je nachdem, welche Methode man verwendet und welche Farben die einzelnen Fäden haben – verschiedenartige Schnüre und Borten. Ich beschränke mich allerdings, bis ich mehr Übung habe, vorerst noch auf die Methode mit fünf Schlingen aus dem Buch. Aber damit kommen ja, wie man sehen kann, auch schon ganz interessante Schnüre zustande.

Beim Spinnradclub (Link „Fingerloop“ unter „Anleitungen“) und auf der Fingerloop Braids Website gibt’s eine Menge verschiedene Muster und Methoden. Und bei Flinkhand gibt es eine ziemlich detaillierte Anfängeranleitung zum Nesteln mit sieben Schlingen.

Beim Schlingen-durch-andere-Schlingen-Ziehen habe ich auch ein paar Sachen über Garne gelernt:
  • Wollsorten zum Stricken oder Häkeln, die mit Sprüchen wie „verfilzt beim Waschen!“ beworben werden (das scheint hierzulande gerade in zu sein), reißen leicht. Da muß man also ganz vorsichtig „loopen“ und darf die Schlingen auch nie richtig festziehen. Dadurch ergeben sich lockerer geknüpfte, dickere, weichere Schnüre, aber das ist ja nicht unbedingt ein Nachteil. Aber man muß halt die ganze Zeit über vorsichtig sein.
  • Je dicker das Garn, desto dicker die Schnur und desto schneller kommt man voran. Je dünner das Garn, desto dünner die Schnur (das ist ja wahrscheinlich sogar der Grund, warum man sich das dünne Garn überhaupt ausgesucht hat) und desto langsamer kommt man voran (was ziemlich nervig sein kann).

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Ämter-Tournee
Themen: Arbeitslos, Finnland
In den letzten Tagen mußte ich gleich zu mehreren Ämtern. Eigentlich hatte ich gedacht, ich müßte nur zum Arbeitsamt (zum Arbeitslosmelden), aber die schickten mich dann weiter zur Ausländerpolizei (ach ja, stimmt, ich bin ja EU-Ausländerin...) und dann zu KELA. (KELA ist sozusagen das staatliche Geld-Verteil-Amt. Von denen kriegt man sein BAföG, sein Krankengeld, seine Rente, sein Arbeitslosengeld, seine Sozialhilfe, sein Kindergeld usw. usf. Außerdem ist es die einzige gesetzliche Krankenkasse in Finnland; alle anderen Krankenversicherungen bieten nur private und freiwillige Zusatzversicherungen. In KELA ist man automatisch drin, als Finne anscheinend qua Geburt, als Ausländer spätestens dann, wenn man Geld verdient (wovon dann zusammen mit der Einkommenssteuer usw. automatisch der KELA-Beitrag abgezogen wird).)

Zum Glück waren die Beamten, an die ich geriet, alle sehr nett und hilfsbereit. Vor allem letzteres ist wichtig, wenn es die Formulare nur auf finnisch und schwedisch gibt und man trotz Sprachkenntnissen auf jeder Seite über ein Dutzend Fachausdrücke stolpert, die man noch nie gehört hat...

Die Frau beim Arbeitsamt war der Meinung, ich spreche fließend Finnisch. Einerseits ist das natürlich sehr schmeichelhaft. Andererseits bin ich nicht ganz glücklich damit, daß in meiner Akte jetzt „spricht fließend Finnisch“ steht, denn erstens gibt es jenseits von „fließend“ nicht mehr viel, womit sich meine Englischkenntnisse beschreiben ließen (im Englischen kommuniziere ich immerhin auf Muttersprachniveau), und zweitens kann ich mich jetzt nicht mehr auf meinen Status als „ich-dummes-Ausländer-nix-sprechen-Finnisch“ (oder „en puhutteko suomeeksi“, wie es eine Bekannte von mir mal ausdrückte) berufen, wenn ich irgendwann von denen ein in komplizierter Amtssprache abgefaßtes Schreiben bekommen sollte. Mist. ;-) Daß sie von meinen Schwedischkenntnissen (ich bin eigentlich der Meinung, Schwedisch nur geringfügig schlechter zu sprechen als Finnisch) wesentlich weniger beeindruckt war, fand ich auch nicht so lustig. Aber wir hatten insgesamt ein ziemlich gutes Gespräch, in dem sie mir den Eindruck vermittelte, ich sei Kundin und nicht (wie es heutzutage anscheinend in Deutschland ist) Bittstellerin oder so etwas.

Die unter anderem für meinen Wohnort zuständige Ausländerpolizeidienststelle ist in Tikkurila. Da ich vor vielen, vielen Jahren mal ganz in der Nähe gewohnt habe, war es natürlich interessant, da mal wieder hinzukommen. Auch wenn die Busreise dorthin etwa eine Stunde dauert (und zurück nochmal eine Stunde) und damit zuzüglich der Wartezeit im Amt der Vormittag dann gelaufen war... Zusätzlich zu einem offiziellen Zettel, der belegt, daß ich legal im Lande bin, und zwar unbefristet, bekam ich ein weiteres Blatt mit einer Belehrung über mein Widerspruchsrecht. Die Polizistin konnte sich auch nicht richtig vorstellen, warum ich ausgerechnet gegen einen Beleg für mein Aufenthaltsrecht Widerspruch einlegen wollen könnte („die böse Polizistin hat gesagt, ich darf in Finnland wohnen, aber das will ich doch gar nicht! *schnief*“ oder wie?), aber sie müssen halt zu jedem Beleg und jedem Bescheid, der rausgeht, so ein Ding dazustecken. Damit mußten wir uns beide abfinden.

Bei KELA (von dort komme ich gerade zurück) bekam ich ein mehrseitiges und sehr kompliziert aussehendes Formular, von dem ich nur die Hälfte verstand. Zum Glück stellte sich heraus, daß der größte Teil der Punkte, die ich nicht verstand, auf mich sowieso nicht zutraf. Glück gehabt. ;-)

Alles in allem habe ich mal wieder gemerkt: Die Finnen stehen zwar mindestens genau so sehr wie die Deutschen auf Bürokratie, aber die Beamten sind im Durchschnitt viel freundlicher. :-)

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