Dienstag, 7. September 2010
Schöne Wörter (2)
Themen: Schöne Wörter, Finnisch
Neulich habe ich eine Doppel-Steckdose gekauft. Also so ein Ding, das man in eine Steckdose einsteckt und wo man am anderen Ende dann zwei Stecker einstecken kann, ohne daß da aber eine Verlängerungsschnur dazwischen wäre.

(Das war nötig, damit ich an die eine Steckdose am Nachttischchen sowohl die Leselampe als auch das neue Telefon anschließen konnte, ohne irgendwo irgendwelche Kabel verlegen zu müssen.)

Die Verpackung war, wie so vieles hierzulande, schön ordentlich pan-skandinavisch beschriftet: finnisch, schwedisch, dänisch/norwegisch (nicht immer unbedingt in dieser Reihenfolge). (Je kürzer ein Text ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß man ihn so formulieren kann, daß sich die dänische Version nicht von der norwegischen unterscheidet. Bei etwas längeren Texten kann es vorkommen, daß sich diese beiden Versionen zwar voneinander unterscheiden, aber nicht so stark, daß man alles doppelt schreiben wollte; stattdessen pappt man vorne das Labelchen „N/DK“ dran und schreibt nur die Wörter doppelt, die sich tatsächlich unterscheiden. Das sieht dann beispielsweise so aus: „Kan vaskes i vaskemaskin/vaskemaskine på 60 C.“ Oder so: „Til broderier og oppbretter/kantsømme.“ Beides gesehen auf einer Tube Textil-Klebstoff.)

Dank der Verpackung der Doppel-Steckdose weiß ich jetzt, daß so ein Ding auf schwedisch „Zweigstöpsel“ (grenpropp) heißt.

Soweit, so gut.

Die Finnen sagen haaroitin, also „Verzweiger“. (Im Finnischen gibt es zwei Suffixe, die dem deutschen -er entsprechen; mit dem einen bildet man Bezeichnungen für Leute, die eine bestimmte Tätigkeit ausüben, mit dem anderen solche für Geräte, die eine bestimmte Funktion haben. So sieht bzw. hört man also gleich, ob es sich bei dem „Drucker“, von dem jemand erzählt, um einen Menschen (der in einer Druckerei arbeitet) oder um eine Maschine (Laserdrucker, was weiß ich) handelt. Ab und zu begegnen einem auch ganz lustige Sachen, wenn einem beispielsweise aufgeht, daß das Wort, das man im Finnischkurs als das finnische Wort für „Schlüssel“ kennengelernt hat (nämlich avain), eigentlich „Öffner“ („Öffnungs-Gerät“) heißt. Aber ich schweife ab.)

Auf dänisch heißt die Doppel-Steckdose einfach „Doppel-Stöpsel“. Allerdings schreiben sie auf lustig skandinavische Weise: Dobbel-Støpsel.

Darüber habe ich mich noch ein wenig mehr gefreut als über haaroitin. :-)

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Freitag, 11. Juni 2010
Schöne Wörter (1)
Themen: Schöne Wörter, Finnisch
Das hier wollte ich schon seit Ewigkeiten bloggen. Inzwischen habe ich genügend Material zum Thema, um sagen zu können, daß es vermutlich eine neue Serie wird. :-)

Als Sprachwissenschaftlerin interessiere ich mich ja für Wörter. Als Techwriterin (bzw. auf deutsch: technische Redakteurin, auch ein schönes Wort, aber nicht schön genug für einen eigenen Blogeintrag) natürlich auch. Deshalb freue ich mich immer, wenn ich irgendwo ein Wort finde, das aus irgendeinem Grund besonders schön ist.

Zum Auftakt: „anfangi“.

Vor einiger Zeit saß ich an einem Rechner, auf dem die finnischsprachige Version von Windows installiert war, komplett mit der finnischsprachigen Version von Word. Das, was ich da zu tippen hatte, war eigentlich eine recht einfache Angelegenheit, und ich war schnell fertig, aber dann fing ich an, durch die Menüs zu gucken, um zu sehen, was es da so alles gab (ich benutze ja normalerweise für Textverarbeitung und die anderen üblichen Bürotätigkeiten OpenOffice, was zwar so ähnlich ist wie MS-Office, aber eben doch nicht ganz dasselbe), und auch, wie das alles wohl auf finnisch heißen mag (auf meinem Rechner ist alles englischsprachig).

Dabei stieß ich auf das putzige Wort, das ich weiter oben genannt habe, nämlich „anfangi“. Hihi. :-)

Eine kurze Recherche (Browser starten, schnell rüber zur finnischen Wikipedia und das rätselhafte Wort eingeben) ergab, daß es sich dabei tatsächlich um so etwas Ähnliches wie einen „Anfang“ handelt. Und zwar nicht einfach um irgendeinen Anfang, sondern um das finnische Wort für eine Initiale, also diese extragroßen und oft irgendwie besonders verzierten Buchstaben, die man manchmal ganz am Anfang eines Textes oder eines Kapitels sieht.

Nett, daß die Finnen dafür nicht, wie alle anderen auch, einfach das lateinische Wort übernommen haben, sondern einen passenden Ausdruck ausgerechnet aus dem Deutschen entlehnt haben... Das -i am Ende ist dazu da, daß man das Wort im Finnischen vernünftig flektieren kann. (Finnische Substantive, die nicht auf einen Vokal enden, können nur auf einen von ganz wenigen Konsonanten enden – nämlich l, n, r, s oder t. Fremdwörter und (ausländische) Ortsnamen, die auf einen anderen Konsonanten enden – also beispielsweise ng wie in „Anfang“ –, kriegen ein -i angehängt, damit sie ins Schema passen und sich die Leute nicht die Zunge (oder das Gehirn) verrenken müssen, wenn sie das Wort in einem Satz gebrauchen.)

Aber auch wenn ich das alles weiß, zaubert mir dieses goldige Wort immer noch ein Lächeln aufs Gesicht... :-)

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