Donnerstag, 9. Juni 2011
Rezept: Sima (finnischer Zitronenmet)
Themen: Kochen, Finnland
Neuerdings betätige ich mich als Brauerin. Damit folge ich einer alten Familientradition, denn mein Ur-Urgroßvater hat seinerzeit zusammen mit seinem Bruder eine Brauerei gegründet, die sich bis in die Jugendjahre meines Vaters im Familienbesitz befand. (Das ist auch einer der Gründe, warum bei mir in der Familie väterlicherseits ungefähr die Hälfte der Leute Chemie studiert hat.)

Ich habe mich bislang beim Brauen ja am ehesten für das Ergebnis interessiert – will sagen: ich trinke gerne Bier. Aber jetzt habe ich endlich angefangen, selber Sachen zu vergären. Und sogar mit einigem Erfolg!

Hier ist das erste Rezept. Sima ist in Finnland ein beliebtes Sommergetränk, das man im Spätfrühjahr bzw. Frühsommer in allen Lebensmittelgeschäften kaufen kann, weil es ein wichtiger Bestandteil der Feiern zum 1. Mai ist. Danach gibt es in den Geschäften leider meist nur noch Restposten, wenn überhaupt. Aber macht ja nichts; man kann es sich schließlich auch recht einfach selber brauen.

(Nein, im Ernst: Wenn ich das Zeugs brauen kann, könnt ihr das auch.)

Zuvor aber noch eine Warnung: Nach dem folgenden Rezept gebrautes Sima enthält mit sehr großer Wahrscheinlichkeit etwas Alkohol – größenordnungsmäßig ungefähr soviel wie Bier. Oder wie es eine finnische Bekannte mal ausdrückte: „Das Sima, das meine Oma nach diesem Rezept braut, ist garantiert alkoholfrei! Meine Oma trinkt nämlich grundsätzlich keinen Alkohol. Hicks!“ ;-)

Jetzt aber mal los!

Zutaten:
  • 4 l Wasser
  • 500 g Zucker (bzw. eigentlich ein wenig mehr; siehe unten)
  • Saft von 1–2 Zitronen
  • ⅕ TL Frischhefe
  • einige Rosinen
⅕ TL Frischhefe ist ein etwa erbsengroßes Stück. Man kann natürlich auch eine entsprechende Menge Trockenhefe (das wäre dann wohl ein halberbsengroßes Häufchen...?) nehmen.

Je nachdem, was für eine Zuckersorte man verwendet, wird das fertige Sima heller oder dunkler. Der Geschmack wird durch die Wahl der Zuckersorte(n) natürlich ebenfalls beeinflußt... Wer sich nicht entscheiden kann, nimmt beim ersten Mal am besten 250 g hellen („normalen“) Zucker und 250 g braunen Zucker.

Ich persönlich nehme am liebsten Farin. Der ist zwar im Vergleich zum normalen weißen Kristallzucker fürchterlich teuer, aber ich finde den Geschmack einfach unwiderstehlich... :-) Wer etwas abenteuerlich drauf ist, darf natürlich auch mit Honig, Glukosesirup usw. experimentieren! (Irgendwann, wenn ich reich bin, will ich mich mal an ein Sima auf Ahornsirupbasis heranwagen... <träum>)

Nun gut.

Zuerst wird das Wasser gekocht, der Zucker darin aufgelöst und der Zitronensaft dazugerührt. Dann muß man eine Weile warten, bis die Mischung auf eine Temperatur abgekühlt ist, die der Hefe genehm ist – das sind so um die 40 Grad. Am einfachsten mißt sich die Temperatur mit einem elektronischen (Fieber-) Thermometer. Außerdem gibt es noch den folgenden Trick: Wenn ein auf die Innenseite des Handgelenks gegebener Tropfen sich weder warm noch kalt anfühlt, dann hat die Flüssigkeit eine für Hefe passende Temperatur.

Und dann wird die Hefe dazugegeben und das Ganze gut umgerührt. Das Gefäß anschließend abdecken und bei Zimmertemperatur über Nacht ruhen lassen.

Am nächsten Tag wird die Flüssigkeit in saubere Flaschen gefüllt. Die Flaschen sollten dabei nicht vollständig, sondern nur zu etwa drei Vierteln gefüllt werden, damit sie später beim Öffnen nicht überschäumen... Vor dem Verschließen kommen in jede Flasche noch 1 TL Zucker sowie mehrere Rosinen.

Die Flaschen sollten an einem kühlen Ort stehen, beispielsweise im Keller. Je niedriger die Temperatur, desto langsamer gärt das Sima, und je langsamer der Gärvorgang, desto besser das Ergebnis. (Für die Fachleute: Bei Sima handelt es sich also anscheinend um ein untergäriges Getränk.)

Durch alkoholische Gärung wandelt die Hefe den Zucker nach und nach in Alkohol plus Kohlensäure um. Dadurch baut sich in den Flaschen ein gewisser Gasdruck auf. Das bedeutet zweierlei: Erstens ist es besser, wenn man die Flaschen zum Gären nicht allzu fest verschließt. Zweitens sollte man ein- bis zweimal täglich die Flaschen kurz öffnen, damit überschüssiges Gas entweichen kann. (Wenn ihr Letzteres nicht tut, kann es im schlimmsten Fall passieren, daß euch die Flaschen explodieren. Und glaubt mir, klebrige und halb angetrocknete Zucker-Hefe-Flüssigkeit vom Kellerboden aufwischen ist keine angenehme Tätigkeit.)

Bei Kellertemperaturen braucht das Sima zum Vergären etwa eine Woche. Daß es fertig ist, merkt man daran, daß alle Rosinen an die Oberfläche gestiegen sind.

Irgendwann sollte das Sima gefiltert bzw. durch ein Sieb gegossen werden. Wann man das tut, ist Geschmackssache. Manche tun es vor dem Umfüllen in Flaschen; andere erst ganz am Schluß, wenn es schon fertig vergoren ist. Das hat natürlich wieder einen gewissen Einfluß auf den Geschmack... Aber die Hauptsache ist, daß die Zitronen-Fruchtfleischreste (und -kerne) im fertigen Getränk nichts zu suchen haben. Die meisten Leute fischen nach der Gärung auch noch die Rosinen raus.

Sima wird gekühlt serviert. Ohne Zusatz irgendwelcher Konservierungsstoffe hält es sich im Kühlschrank etwa eine Woche lang.

(Quelle des Rezepts: die Rückseite von so ziemlich jeder in Finnland verkauften Packung brauner Zucker sowie meine eigenen Erfahrungen und die diverser Freunde)

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Damit ihr euch das Ganze besser vorstellen könnt, hier noch ein paar Fotos:

[Bild: Sima-Grundflüssigkeit in einer Schüssel]

So sieht die Flüssigkeit ganz am Anfang aus, bevor die Hefe dazukommt. Das Ding, das da schwimmt, ist ein Stück Ingwer. (Ja, ich habe schon einige Sima-Experimente gemacht...) Und das, was sich da spiegelt, ist der Wandschrank in meiner Küche.

[Bild: Sima nach der ersten Nacht]

Ungefähr so sollte das Sima aussehen, nachdem es die erste Nacht bei Zimmertemperatur verbracht hat. Der Schaum sieht etwas eklig aus, aber in diesem Zustand soll man das Ganze ja auch noch nicht trinken...

[Bild: Blick in mein Badezimmer unmittelbar nach dem Befüllen von Sima-Flaschen]

Da ich außer einem Putzeimer kein Gefäß besitze, in das auch nur annähernd 5 l hineinpassen, rühre ich die Grundflüssigkeit in mehreren kleineren Gefäßen an – zu sehen am oberen Bildrand. Links stehen die Flaschen, in denen das Sima nun gären wird. Ich fülle das Sima immer im Badezimmer um, weil das der Raum ist, der am leichtesten zu reinigen ist, falls ich versehentlich etwas verschütten sollte...

[Bild: Sima während des Gärvorgangs im Keller]

Nun stehen die Flaschen im Keller und die Hefe blubbert vor sich hin. Die beiden Flaschen links enthalten Sima, die beiden rechts im Vordergrund ein leider mißlungenes Experiment mit vergorenem Fruchtsaft.

[Bild: fertig vergorenes Sima mit schwimmenden Rosinen]

Das Sima ist fertig vergoren! Hier guckt die Kamera direkt von oben in die Flasche hinein. Die Rosinen sind deutlich sichtbar von der Kohlensäure aufgebläht.

Nachtrag: Wenn man das Sima in den Flaschen nach dem eigentlichen Gärvorgang noch ein wenig im Kühlschrank reifen läßt, entsteht innerhalb weniger Tage eine recht beachtliche Menge Alkohol. Zum Starkwein-Äquivalent wird das Sima dadurch nicht, aber es steigt doch deutlich schneller zu Kopfe als das frisch vergorene, aus dem man eben erst die Rosinen rausgefischt hat...