Montag, 10. Mai 2010
Pantoffelkino
Themen: Film und Fernsehen
... oder wie man das nennt, wenn man sich einen Film nicht im Kino, sondern zu Hause (im Fernsehen oder von DVD oder so) anguckt.

Alternativer Titel: Was mir beim Filmegucken und Musikhören so durch den Kopf geht.

(Alternative zum Alternativ-Titel: Was man sich so zusammenschreibt, während man eigentlich an seiner Steuererklärung sitzen sollte. <rotwerd> Naja, bis morgen habe ich noch Zeit...)

In den letzten Wochen habe ich ein paar neue Filme angeguckt und ein paar alte Filme und auch Schallplatten Audiodateien wieder rausgekramt und in Erinnerungen geschwelgt. Dabei sind mir einige Sachen aufgefallen, und dann ist mir aufgefallen, daß mir bei Filmen (und auch bei Musik) immer Sachen auffallen, die an anderen völlig vorbeigehen, während die Sachen, um die es der Mehrheit zufolge „eigentlich geht“, manchmal völlig an mir vorbeigehen.

Frei erfundenes Beispiel: Auf der DVD-Hülle steht z. B. „Die Heldin muß vor der russischen Mafia fliehen, weil sich auf dem Speicherchip, auf der sie ihr Tagebuch abgespeichert hat, auch ein verschlüsseltes Dokument befindet, das die chemische Formel für ein neuartiges Giftgas enthält.“ Wenn man mich fragen würde, worum es in dem Film ging, würde sich das ganz anders anhören: „Da sind so Typen, die Englisch mit deutschem Akzent reden und aus irgendeinem Grund russische Namen haben, hinter einer Tussi her, die für ihr Tagebuch einen total unbrauchbaren Verschlüsselungsalgorithmus verwendet, mal ganz ehrlich, wer benutzt denn heutzutage noch so kurze Schlüssel? Hätte sie auch gleich ROT13 nehmen können... aber eine schicke Frisur hatte die Frau, das muß man ihr lassen... Naja, jedenfalls rennt die auf unglaubwürdig hohen Absätzen an irgendwelchen malerischen Stränden entlang und die Typen mit dem komischen Akzent hinterher, und alles nur, weil die Typen im Chemieunterricht geschlafen haben und daher nicht wissen, wie schwierig es ist, mit CaCO3 Leute zu vergiften. Aber immerhin war die Musik von John Williams.“

Oder so ähnlich.

Konkret:

Fallbeispiel 1: Die Sicherheitstechnikerin im (Pantoffel-) Kino

Ich hatte schon eine ganze Weile vor, mir District 9 anzusehen. Den hatte ich damals im Kino verpaßt und mich darüber ziemlich geärgert. Nun gut, inzwischen ist das Ding auf DVD erschienen und ich konnte es mir endlich ansehen.

Gesamturteil: Nicht schlecht, aber kaufen werde ich mir die DVD nicht. Gut, daß man sich die Dinger auch leihen kann.

Interessant, aber gleichzeitig leider auch ziemlich verwirrend ist, daß der allergrößte Teil des Films so gedreht ist, als ob es sich um Mitschnitte von Nachrichtensendungen, Aufzeichnungen von Überwachungskameras oder Rohmaterial für einen Dokumentarfilm handelte. (Natürlich hat der Film, wie es bei Spielfilmen nun mal so ist, eine Handlung mit einem Anfang und einem Ende und dazwischen diversen Höhepunkten und Spannungsstrecken usw. usf., nur daß das Ganze halt größtenteils nicht in der üblichen Spielfilmart dargeboten wird, sondern so, als handle es sich um etwas, das tatsächlich passiert ist und worüber jetzt ein Dokumentarfilm gedreht wird. Oder in einem Wort: ein Mockumentary.)

Und es war schön, mal wieder südafrikanisches Englisch zu hören. Das ist einer meiner Lieblingsakzente. :-) Der Film spielt ja in Südafrika, und vor allem der Held des Filmes spricht mit einem sehr deutlichen südafrikanischen Akzent. (Die Fieslinge nicht so sehr; womöglich hat das denselben Grund, aus dem die Fieslinge in amerikanischen Filmen oft irgendwie britisch-gestelzt oder zumindest East-Coast-gestelzt klingen. Linguistische Distanzierung des Produktionsteams von den Bösen, oder sowas in der Art.) (Ach ja, und wenn ich „Held“ sage, meine ich eigentlich den Typen, der am Anfang des Films als so eine Art Mini-Fiesling rüberkommt, sich dann aber nach etlichen Irrungen und Wirrungen zuerst zu einer Nervensäge und dann zu einem Helden entwickelt. Viel mehr kann ich nicht verraten, ohne den Inhalt des Filmes und vor allem das Ende preiszugeben. Nur für den Fall, daß irgendjemand den Film noch nicht gesehen hat.)

Aber über eine Sache mußte ich immer wieder den Kopf schütteln, und zwar war das die leichtsinnige Art, wie die Leute in dem Film mit der Sicherheit umgingen. Meine Güte – da macht sich der Held zuerst die Mühe, sich ein Mobiltelefon zu klauen, um damit seine Frau anzurufen (er befand sich gerade auf der Flucht und hatte aus naheliegenden Gründen (<hüstel> Überwachung) sein eigenes Telefon gar nicht erst mitgenommen), und dann schleppt er das Ding, nachdem er seine Frau damit angerufen hat (so daß nun die Fieslinge, die natürlich den Anschluß der Frau überwachten, seine neue Telefonnummer hatten), noch tagelang mit sich herum und wundert sich, daß es die Fieslinge deshalb irgendwann tatsächlich schaffen, ihn zu orten. Meine Güte. Ich habe mich nur darüber gewundert, daß sie dafür so lange gebraucht haben. <kopfschüttel>

Letzteres lag aber vermutlich daran, daß die Fieslinge auch nicht sonderlich viel Ahnung von Sicherheitstechnik und verwandten Gebieten hatten. Also, wenn ich der Chef eines (per definitionem natürlich super-paranoiden) internationalen Waffenherstellungskonzerns mit eigener paramilitärischer Sicherheitstruppe wäre und einer meiner Angestellten untergetaucht wäre und ich Grund zu der Annahme hätte, daß er sowohl auf mich persönlich als auch auf den ganzen Konzern irgendwie sauer ist, würde ich doch als allererstes hingehen und die Benutzerkennungen, Zugangscodes usw. dieses Angestellten abschalten. Beziehungsweise (weil Chefs internationaler Konzerne sowas natürlich nicht eigenhändig machen) meinem Systemverwalter entsprechende Anweisungen geben.

Da saß ich also und dachte: Oh nein, so ein dummer Held, der denkt gar nicht wie ein Sicherheitstechniker... naja, ist ja auch keiner... aber Glück gehabt, denn die Leute, gegen die er kämpft, denken auch nicht wie Sicherheitstechniker. Nicht mal die, die laut interner Logik des Films eigentlich Sicherheitstechniker sein sollten. Und deshalb darf ich mich jetzt eine Runde gut fühlen, denn natürlich ist mein Rechner viel besser abgesichert als dieses blöde Firmennetzwerk. Aber ich bin ja auch kein Film-Fiesling. ;-)

Fallbeispiel 2: Die Linguistin beim Musikhören

Daß Johnny Cash einen interessanten Dialekt sprach (und sang), wußte ich ja schon. Aber jetzt ist mir aufgefallen, daß sein Dialekt einer von denen ist, in denen der sogenannte Pin-pen merger durchgeführt ist, wo also die Vokale /ɪ/ und /e/ (für Leute ohne Unicode noch mal in ASCII-Umschrift: /I/ und /e/) zu einem einzigen zusammengefallen sind.

Bis dahin hatte ich mir nie vorstellen können, wie sich das wohl anhören mag. Bis mir vor ein paar Tagen beim x-ten Anhören (ich habe die CD schon seit mehreren Jahren und auch schon ziemlich oft gehört) des Liedes „Man in Black“ auffiel, daß er gnadenlos men auf been reimt und beide Wörter bei ihm so eine Art i-Vokal haben.

Wieder was gelernt. (Eigentlich drei Sachen: (1) Aha, so hört sich also dieser Merger an! (2) Das fällt einem kaum auf, wenn man gut genug Englisch kann, weil das Gehirn dann automatisch den Vokal in Wörtern, die es als men erkennt, als „irgendwie E“ analysiert und den Vokal in Wörtern, die aus dem Textzusammenhang heraus nur been sein können, als „irgendwie I“. (3) Es ist wahr, was die Leute behaupten; ich kann das Sprachwissenschaftlerin-Sein nicht abschalten...)

Fallbeispiel 3: Kann mir mal jemand erklären, warum diese Außerirdischen immer ausgerechnet diesen Planeten erobern wollen?

Oder auch: Was man sich beim Fernsehen noch so für Gedanken machen kann.

Neulich sind mir mal wieder meine alten (aus der Zeit, als VHS den Gipfel der Aufzeichnungstechnik darstellte) Dark Skies-Kassetten in die Hände gefallen. (Kurze Zusammenfassung dieser Science-fiction-Serie: Fiese Außerirdische wollen die Erde erobern und diverse Leute versuchen das zu verhindern. Unterwegs werden so ziemlich alle Verschwörungstheorien verwurstet, die man sich vorstellen kann.)

Diese Serie hat einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen, weil darin nämlich eine ganze Menge von den Schauspielern, von denen ich ein (mehr oder minder) großer Fan bin und von denen sonst anscheinend wirklich noch niemand etwas gehört hat, mitspielen. Unter anderem J.T. Walsh (nie gehört, gell?), einer meiner allerliebsten Lieblings-Charakterdarsteller und einer der wenigen Schauspieler, wegen denen ich bereit bin, mir so ziemlich jeden cineastischen Müll anzusehen, wenn man mir glaubhaft versichert, daß einer dieser Schauspieler in irgendeiner Szene auftaucht. In Dark Skies spielt er sogar eine der Hauptrollen. :-) (Also nicht daß ich die Serie jetzt als „cineastischen Müll“ bezeichnen will. So schlecht ist sie wirklich nicht. Vor allem im Vergleich zu einigen Filmen, die ich jetzt nicht nennen will und die ich mir einzig und allein deshalb angesehen habe, weil dieser Schauspieler oder einer meiner anderen allerliebsten Lieblings-Charakterdarsteller darin irgendeine winzige Nebenrolle spielte oder so. Aber ich schweife ab.)

Dummerweise spielt die Serie in den 1960er Jahren, und das war anscheinend das Jahrzehnt der modischen Verwirrungen. Seltsam, vorher war mir das nie aufgefallen, aber diesmal saß ich am Fernseher und gruselte mich statt vor den bösen Außerirdischen vor der gruseligen Mode. (Kreisch! Da ist Conor O’Farrell (nie gehört, gell?) mit einem häßlichen 60er-Jahre-Schlips, der ihm überhaupt nicht steht! Hilfe! Furchtbar! Macht es weg! Macht es weg! – Endlich erhört der Kameramann mein Flehen und schwenkt die Kamera herum (eigentlich gucke ich mir Filme mit Conor O’Farrell ja sehr gerne an, der Mann hat ein ziemliches Talent für Fieslings-Rollen, aber zieht ihn doch bitte vernünftig an...) und was muß ich sehen? Kreisch! Hilfe! Da ist Charley Lang (nie gehört, gell?) mit einem noch häßlicheren 60er-Jahre-Schlips und einer potthäßlichen Brille! Aaaaaaaaargh! – Undsoweiter...)

Auf einmal waren die gruseligen Außerirdischen gar nicht mehr so gruselig. ;-)

(Da kommen Erinnerungen hoch... Als ich seinerzeit den Film Prince of Darkness anguckte, fand ich den Film an sich zwar erwartungsgemäß gruselig (was ja auch OK war, denn es handelte sich um einen Gruselfilm) und traute mich mehrere Tage lang nicht, in einen Spiegel zu sehen, aber noch gruseliger als die Handlung fand ich den Schnurrbart von Jameson Parker. Da der eine der Hauptrollen spielte, bekam ich diesen Schnurrbart, der ihm so etwas von gar nicht stand, leider ziemlich oft zu sehen. – Worum es in dem Film ging? Irgendwas mit Spiegeln. Und Teufelsanbetung oder sowas. Dann war da noch eine Szene mit irgendwelchen Insekten, glaube ich. Eine der Hauptpersonen war so ein Typ mit einem unglaublich häßlichen Schnurrbart. Anscheinend guckte der auch nie in den Spiegel.)